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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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Baumgarten Ferdinand Peche.257 Schwippel war aus der Sicht von Baum-
garten nicht für die Kanzel geeignet. Der erstgereihte Pierre hatte in Wien
Medizin studiert und war danach ebendort Adjunkt und Supplent in den
Fächern Elementarmathematik und Physik. Zur Zeit seiner Bewerbung war
er Professor an der technischen Akademie in Lemberg. Joseph Derffel reihte
Baumgarten an die zweite Stelle vor Peche, weil Derffel mehr praktische
Erfahrung im Experimentieren besaß als Peche und er vom berühmten Ma-
thematiker und Physiker Josef Petzval258 empfohlen worden war.259
Die Terna war allerdings hinfällig, denn Thun hatte bereits drei Wochen
zuvor dem Kaiser die Ernennung von Adalbert Waltenhofen zum Nachfol-
ger Baumgartens vorgeschlagen. Am 4. Dezember, also noch vier Tage be-
vor Baumgarten den Dreier-Vorschlag der Fakultät in Innsbruck vorgestellt
hatte, war die Ernennung Waltenhofens mit der kaiserlichen Sanktion be-
reits entschieden. Die Mitteilung erfolgte am 14. Dezember, sodass der Drei-
ervorschlag gar nicht erst nach Wien gesandt wurde.260
Thun schildert den von ihm ausgewählten Kandidaten Waltenhofen dem
Kaiser gegenüber als den besten Kandidaten für den Lehrstuhl: Nach einer
sorgfältigen Prüfung möglicher Kandidaten – die Thun jedoch nicht nennt –
erschien ihm
der damalige Lehrer der Phisik am Gratzer Obergymnasium und vormalige
Supplent der Phisik am ständischen Joanneum zu Gratz, Dr. Adalbert von
Waltenhofen, als derjenige Mann [...], welcher in Bezug auf die in Rede ste-
hende Besetzung das vorzugsweise Augenmerk verdiente.261
Als Gutachter dienten dem Minister nach eigener Auskunft sowohl wissen-
schaftliche Autoritäten als auch der Direktor des Joanneums. Dieser beschei-
nigte Waltenhofen „eine gründliche Bildung, weite Gewandtheit im Expe-
257 Referat und Bericht über Besetzungsvorschlag für die Lehrkanzel der Physik, Innsbruck
08.12.1852, Akten der Philosophischen Fakultät (16), 49 ex 1852/53, Universitätsarchiv
Innsbruck.
258 Josef Maximilian Petzval (Spišská Belá 1807–1891 Wien), ab 1837 Prof. an der Universität
Wien, Erfinder des sog. Petzvalobjektivs.
259 Siehe dazu Referat und Bericht über Besetzungsvorschlag für die Lehrkanzel der Physik,
Innsbruck 08.12.1852, Akten der Philosophischen Fakultät (16), 49 ex 1852/53, Universi-
tätsarchiv Innsbruck.
260 Daher verschwand der Vorschlag in der (Archiv-)Schublade und blieb bisher unbeachtet.
Vgl. steinmaurer, Die Lehrkanzel für Experimentalphysik. Er schildert die Ernennung von
Waltenhofen, erwähnt die Terna jedoch nicht.
261 Majestätsvortrag, Wien 21.11.1852, MCU Allg., Sig. 5, Fasz. 1018, Österreichisches Staats-
archiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen