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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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nung in Innsbruck als Supplent am Gymnasium in Triest tätig gewesen.356
Wir erinnern uns, dass der bisherige Vertreter des Fachs Nowotny durch
die Reform und die Hebung der philosophischen Fakultät gewissermaßen
degradiert worden war, da er forthin nicht mehr als Professor, sondern nur
noch als Sprachlehrer fungieren sollte. Die Reaktionen von Nowotny auf
diese Degradierung wurden ebenfalls schon dargestellt. Thun hatte die
Ernennung von Occioni 1853 implizit mit der Notwendigkeit einer wissen-
schaftlichen Behandlung der italienischen Sprache und Literatur argumen-
tiert, was ihm durch Nowotny nicht möglich erschien.357 Gleichzeitig sah
Thun die Notwendigkeit jemanden zu ernennen, der das Fach in der Prü-
fungskommission für die Gymnasiallehrer vertreten konnte, denn Nowotny
sollte diese Funktion nicht mehr ausüben358. Auch im Ministerrat hatte
Thun mit diesen beiden Gründen argumentiert. Darüber hinaus hatte er Oc-
cioni als geeignet bezeichnet, weil dieser „von tadelloser politischer Haltung
sei“359, was bei „guten Professoren von italienischer Nationalität“ selten der
Fall wäre. Aus diesem Grund war Thun auch bereit, Occioni mit 1200 fl. ein
höheres Einstiegsgehalt als üblich zu bezahlen, um ihn von seinem Posten
an einem Triester Gymnasium weglocken zu können.
Dass gerade italienische Lehrer und Professoren in dieser Phase unter
Dauerverdacht standen, zeigt auch ein Blick in die Akten des Unterrichts-
ministeriums in diesen Jahren. Dort finden sich reihenweise Polizeiberichte
über nationalistische Äußerungen italienischer Professoren, woraufhin
an den italienischen Gymnasien und Universitäten im Königreich Lom-
bardo-Venetien die Lehrkörper regelrecht von solchen Kräften ‚purifiziert‘
wurden.360 Dass gerade diese politische Dimension bei der Ernennung von
Occioni eine Rolle gespielt hat, zeigt auch die neuerliche Behandlung der Er-
nennung im Ministerrat. Dazu war es allerdings nicht ausschließlich wegen
Occioni gekommen, vielmehr war es auch Nowotnys unnachgiebige Haltung,
die eine neuerliche Behandlung der Sache notwendig gemacht hatte. Erneut
betonte Thun dabei die nationalen Besonderheiten in Tirol, die bei einer Be-
setzung unbedingt zu beachten wären.361
356 Piras, Occioni, Onorato.
357 Vgl. Thun an Bissingen, Wien 30.06.1853, Statthalterei Studien, 7140/1853, Tiroler Lan-
desarchiv.
358 Ebner an Thun, Innsbruck 19.08.1852, MCU Allg., Sig. 5 Fasz. 1023 (Karton 1084), Öster-
reichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
359 Die Protokolle des österreichischen Ministerrates (1848–1867). III. Abteilung (Das Ministe-
rium Buol-Schauenstein) Bd. 2, S. 129.
360 Vgl. dazu teilweise auch bei mazoHL-waLLnig, Die Österreichische Unterrichtsreform in
Lombardo-Venetien 1848–1854.
361 Vgl. dazu Die Protokolle des österreichischen Ministerrates (1848–1867). III. Abteilung
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen