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5.12. KARL LIBOR KOPETZKY UND KARL SCHENKL 265
sitzung damit einverstanden, im Hintergrund brachte sich allerdings eine
Front gegenüber Kopetzky und diesen Plan in Stellung. Der ‚betroffene‘
Schenach äußerte seine Bedenken gegenüber dem Statthalter über eine sol-
che Lösung und führte als entscheidendes Argument gegen eine solche Lö-
sung an, dass Kopetzky wohl kaum in der Lage sei, zwei große Fächer in der
angebrachten Form zu lehren.494
Zur gleichen Zeit schrieb Julius Ficker privatim an Thun, um dem Mi-
nister den Sachverhalt zu erklären und gleichzeitig von der von Kopetzky
angestrebten Lösung abzuraten.495 Er schildert darin erstens die peinliche
Lage in der Fakultätssitzung, in der man Kopetzkys Plan zwar entgegen-
getreten war, aber in der es „ohne offene persönliche Verletzung des Kolle-
gen“ nicht möglich gewesen wäre, dessen Vorschlag abzulehnen, um dann
zweitens umso offener Thun gegenüber auf die unzureichenden Fähigkeiten
Kopetzkys hinzuweisen, die nach dem Abgang von Małecki den Unterricht
im Bereich der Philologie ernsthaft gefährdeten:
Zunächst ist das Studium der Philologie an hiesiger Facultät in völligem Ver-
fall. Herr Prof. Dr. Malecky hat ohne Zweifel sehr ersprießlich gewirkt; aber
den Übergang nicht allein zu einer anderen Universität, sondern auch zu ei-
nem anderen Fache im Auge habend mussten es die Verhältnisse von selbst
mit sich bringen, dass er in seinem hiesigen Wirkungskreise sich nicht mit der
Lust und Liebe bewegte, welche nur da einzutreten pflegt, wo es gilt für an-
dauernde Wirksamkeit festen Boden zu schaffen. Seit seinem Abgang ist die
Philologie nur durch Herrn Prof. Dr. Kopetzky [vertreten, C.A.]. Es liegt mir
gewiß nichts ferner, als die wissenschaftliche Tüchtigkeit und Berufstreue des
Kollegen irgendwie in Schatten stellen zu wollen. Andererseits will ich nicht
verschweigen, daß die hiesigen Studierenden der Philologie übereinstimmend
darüber klagen, dass es ihnen hier an der Anleitung und Aufmunterung bei
ihren Studien durchaus gebreche, welche ihnen einen ersprießlichen Erfolg
derselben hoffen lasse, daß sie lediglich auf ihre eigenen Kräfte angewiesen
seien. Die Folgen davon haben sich unbezweifelt gezeigt; tüchtige Abiturien-
ten, welche auf die hiesige Universität angewiesen waren, und Neigung zum
Studium der Philologie gehabt haben, haben sich dadurch bestimmen lassen,
ein anderes Fach zu wählen. Andere haben nach Ablauf des Semesters oder
494 Vgl. Sammelakt Nachfolge Schenach, Innsbruck 20./23.02.1857, Statthalterei Studien
3300 ad 2333/1857, Tiroler Landesarchiv; Konzept für den Bericht an das MCU, Innsbruck
26./27.02.1857, Statthalterei Studien 3330 ad 2333/1857, Tiroler Landesarchiv. Siehe auch
bei mutH, Karl Libor Kopetzky, S. 14–15.
495 Ficker an Thun (Konzept), Innsbruck o.D., Nachlass Ficker, Institut für Österreichische
Geschichtsforschung.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen