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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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Innsbruck über Schenachs Wirken informiert und der Kirchenrechtler emp-
fahl Schenach als einen Mann von „tiefer katholischer Überzeugung“ und
lobte außerdem dessen klaren Vortrag.572 Von Fessler hatte er 1855 einen
Rat für die Besetzung des zweiten Lehrstuhls für Philosophie an der Wiener
Universität erbeten. Fessler wiederum hatte sich daraufhin brieflich mit sei-
nem ehemaligen Kollegen Vinzenz Gasser in der Angelegenheit besprochen.
In seinem Antwortschreiben gibt Gasser einen Einblick in seine Meinung zu
Schenach, zur Situation der Philosophie in Österreich und zur Innsbrucker
Universität. Zunächst einmal bestätigt er Fesslers Ansicht, wie schwierig es
sei, einen geeigneten Philosophen vorzuschlagen, und dass Schenach in die-
sem Sinne „wohl der Einzige [sei, C. A.], der diesen Posten mit Ehren und Er-
folg einnehmen würde“573, was die Wertschätzung des späteren Bischofs und
Exponenten der ultramontanen Richtung für das Wirken Schenachs bezeugt.
Gasser schreibt aber auch, dass eine Berufung von Schenach nach Wien in
Innsbruck eine schmerzliche Lücke hinterlassen würde, zumal Schenach bei-
nahe der einzige Hoffnungsschimmer in der dortigen „Wüste geistigen Le-
bens“574 sei. Er selbst glaube aber gar nicht, so Gasser weiter, dass Schenach
einen Ruf nach Wien annähme. Allein der miserable Zustand der Universität
in Innsbruck könne Schenach umstimmen. Denn, so schreibt Gasser weiter,
Schenach hätte sich erst kürzlich bitterlich bei ihm über die Situation be-
schwert: Vor allem die geringe Zahl der Studenten und die laxe Haltung eini-
ger Professoren der juridischen Fakultät im Erteilen von Titeln nennt Sche-
nach als Gründe für seine zunehmende Entfremdung von der Universität.575
Gasser wollte allerdings nur unter der einen Bedingung zu Schenach
raten, dass für denselben ein tüchtiger Ersatzmann nach Innsbruck beru-
fen werde und die Suche nach einem solchen gestalte sich freilich ebenso
schwierig wie jene Suche nach einem Kandidaten für den Wiener Lehrstuhl,
so Gasser. Er ging dann auch gleich einige Kandidaten durch: Von Tirolern
käme nur ein gewisser Perkmann in Frage, der allerdings offenbar bei sei-
nen Studien in Wien und München allzu sehr dem Pantheismus verfallen sei
und daher letztlich wohl als unbrauchbar anzusehen wäre.576 In Österreich
Schenach an Thun, Innsbruck 20.04.1857, Nachlass Leo Thun-Hohenstein, A3 XXI D414,
Staatliches Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweigstelle Tetschen-Bodenbach, in dem Schenach
erwähnt, dass Fessler ihm die Details zu seiner Ernennung und die Bewilligung eines Ur-
laubes für das Sommersemester bereits mitgeteilt habe.
572 Moy an Thun, Innsbruck 21.07.1853, Nachlass Leo Thun-Hohenstein, A3 XXI D219, Staat-
liches Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweigstelle Tetschen-Bodenbach.
573 Gasser an Fessler, Brixen 23.02.1855, Nachlass Fessler 3, Diözesanarchiv St. Pölten.
574 Ebenda.
575 Ebenda.
576 Gemeint ist wohl Peter Perkmann (1827–1908), ab 1862 Gymnasiallehrer in Inns-
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen