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5.13. DIE BERUFUNG VON TOBIAS WILDAUER 281
Kollegiums die Vertretung übernehmen sollte, und erklärte sich gleichzeitig
bereit für die Vertretung. Aus Verlegenheit gegenüber dem Kollegen, wie
Ficker schreibt, hatte das Kollegium diesem Vorschlag zugestimmt.589
Nach der Sitzung hatte sich indessen Schenach mit einem Separatvo-
tum590 an den Statthalter gewandt und dort nachdrücklich die Ernennung
von Wildauer als seinen Supplenten gefordert. Das Schreiben, das zu einem
Großteil bei Goller abgedruckt ist,591 verdeutlicht, wie massiv Schenach ge-
gen Kopetzky und die von ihm vorgeschlagene Lösung intervenierte, und
zeigt Schenachs Einsatz hinter den Kulissen für seinen Schüler. Vor allem
ist sein Einspruch aber eine Schelte für Kopetzky, den er hart angreift, wenn
er ihm vorwirft, dass dieser eigentlich genug mit seinem eigenem Fach zu
tun haben müsste und außerdem dessen Abneigung gegenüber der Philo-
sophie bekannt sei. Dem stellt er Wildauer als tüchtigen und fleißigen Kan-
didaten gegenüber und unterstellt damit implizit Kopetzky, das Gegenteil
davon zu sein. Wildauer, so Schenach weiter, sei verlässlich in seinen Tugen-
den und bekannt für seine guten Lehrmethoden und daher der ideale Kan-
didat. Zum Beweis für dessen moralische und religiöse Haltung führte Sche-
nach außerdem an, dass Wildauer ein „Mann des Vertrauens unseres neuen
Fürstbischofs“592 sei. Dieser neue Fürstbischof war Vinzenz Gasser, der, wie
gesehen, ja auch ein guter Freund von Schenach selbst gewesen war.
Wenig später wandte sich auch Julius Ficker an Thun, um den Freund
und Kollegen in seinen Bestrebungen zu unterstützen. Ficker betonte ähn-
lich wie Schenach vor allem die hohe moralische Gesinnung Wildauers und
gab zu bedenken, dass „die Auswahl an katholischen Philosophen [...] nicht
groߓ593 sei und daher Wildauer eine gute Wahl darstelle. Er musste zwar
eingestehen, dass Wildauer eigentlich Philologe war, gab sich aber zuver-
sichtlich, dass sich Wildauer „leicht auch in solche Theile des Faches hinei-
narbeiten dürfte, welche ihm etwa bisher ferner lagen“.594
589 Ficker an Thun (Konzept), Innsbruck o.D., Nachlass Ficker, Institut für Österreichische
Geschichtsforschung.
590 Separatvotum Schenach, Innsbruck 26.02.1857, MCU Allg., Signatur 5, Karton 1082, Ös-
terreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
591 Siehe goLLer, Die Lehrkanzeln für Philosophie an der Philosophischen Fakultät der Uni-
versität Innsbruck, S. 35–36.
592 Separatvotum Schenach, Innsbruck 26.02.1857, MCU Allg., Signatur 5, Karton 1082, Ös-
terreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
593 Ficker an Thun (Konzept), Innsbruck o.D., Nachlass Ficker, Institut für Österreichische
Geschichtsforschung.
594 Ebenda.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen