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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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Der Minister kannte Michel noch aus gemeinsamen Jahren in Prag. In
seinem Vortrag gegenüber dem Kaiser betonte Thun besonders Michels
Fleiß und seine didaktischen Fähigkeiten.729 Michel war zwar noch durch
seine Ausbildung im Vormärz in der exegetischen Methode des Zivilrechts
beheimatet, er versuchte allerdings auch die historische Methode anzuwen-
den, worin er jedoch nach Ansicht von Joseph Unger, dem Wegbereiter der
historischen Methode im Bereich des österreichischen Privatrechts, geschei-
tert war.730 Für Thun war Michels Abkehr von der vormärzlichen Tradition
hin zu der von ihm präferierten historischen Richtung allerdings offenbar
das richtige Signal.
Michel wirkte indes nicht lange in Innsbruck, er wurde bereits im Jahr
1858 an die Grazer Universität versetzt. Für die vakante Stelle in Graz
hatte sich eigentlich auch der Innsbrucker Advokat Ignaz Pfaundler bewor-
ben. Auf Grund des Wechsels von Michel nach Graz, konnte Pfaundler dann
jedoch dessen Nachfolge in Innsbruck antreten.
5.15.2. Ignaz Pfaundler
Ignaz Pfaundler, geboren 1808 in Innsbruck, hatte in Innsbruck studiert.
Nach seinem Studium schlug er eine praktische Karriere als Richter und
Advokat ein. Im Wintersemester 1836/37 supplierte er jedoch zusätzlich die
vakante Kanzel für Natur- und Kriminalrecht an der Innsbrucker Universi-
tät, er konnte sich jedoch nicht, wie gewünscht, dauerhaft an der Universität
festsetzen. Öffentlich in Erscheinung trat Pfaundler besonders 1843 mit ei-
ner Arbeit über mittelalterliche Hexenverbrennungen in Tirol.731
1848 versuchte Pfaundler erneut an der Universität Fuß zu fassen. Un-
terstützt wurde er dabei von der juridischen Fakultät, die – ermutigt durch
die begonnenen Reformen – beim Ministerium die Errichtung einer neuen
Lehrkanzel für juridisch-politische Enzyklopädie beantragte. Als Kandida-
ten für die neu zu errichtende Lehrkanzel schlug die Fakultät Pfaundler vor
und sie begründete den Antrag damit, dass mit einem zusätzlichen Dozenten
der eigentliche Professor für Natur- und Kriminalrecht Joseph Waser ent-
729 Vgl. Thuns Vortrag anlässlich Michels Versetzung nach Graz Majestätsvortrag, Wien
06.12.1857, MCU Präs. 514/1858, Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwal-
tungsarchiv.
730 Vgl. dazu bei Werner ogris, Die historische Schule der Zivilistik, in: Nikolaus Grass/Wer-
ner Ogris (Hgg.), Festschrift Hans Lentze. Zum 60. Geburtstage dargebracht von Fachge-
nossen und Freunden, Innsbruck, München 1969, S. 449–496, S. 467.
731 Siehe zum Leben von Pfaundler bei oBerkofLer, Die Vertretung des österreichischen Zivil-
rechts an der Innsbrucker Universität, S. 117–118.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen