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6 DIE EINRICHTUNG DER THEOLOGISCHEN FAKULTÄT
IM JAHR 1857
Im September 1856 eröffnete Leo Thun Julius Ficker1 brieflich seinen Plan,
die Innsbrucker Universität zu erweitern und sie mit einer theologischen
Fakultät auszustatten. Mit diesem Brief beantwortete der Minister eine An-
frage Fickers, wie es um die Zukunft der Innsbrucker Universität bestellt
sei. Die Sorge um eben diese Zukunft wurde nämlich von dem Gerücht ge-
nährt, in Salzburg würde eine katholische Universität errichtet werden. In
so einem Fall, so die Befürchtung Fickers, wäre der Fortbestand der Inns-
brucker Universität durch die neu erwachsene Konkurrenz aus Salzburg
mehr als fraglich.2 Das von Ficker angesprochene Gerücht beflügelte da-
mals nicht nur die Gedanken von Ficker, sondern beunruhigte weite Kreise
in Tirol, wie zahlreiche besorgte Stimmen aus dieser Zeit beweisen, die sich
an den scheinbar beschlossenen Plänen abarbeiteten.3 Gleichzeitig war
dies nicht das einzige Gerücht dieser Art in Österreich. Vielmehr kursierten
während der gesamten Amtszeit von Leo Thun in unterschiedlicher Vehe-
menz Nachrichten mit ähnlichem Inhalt bzw. gab es Debatten und Forde-
rungen, die in diese Richtung zielten. Das Spektrum reichte dabei vom oben
erwähnten Gerücht bis hin zur Forderung nach einer (Re-)Katholisierung
aller österreichischen Universitäten. Im folgenden Kapitel soll daher die
Einrichtung der theologischen Fakultät im Hinblick auf die Debatte um die
Errichtung einer katholischen Universität bzw. um die Frage nach der Stel-
lung der Universität zur katholischen Kirche untersucht werden.
Die Gründung der theologischen Fakultät in Innsbruck wurde bisher ins-
besondere von Angehörigen selbiger Fakultät untersucht. Zu nennen sind
dabei besonders die Arbeiten von Emerich Coreth SJ4 und Hugo Rahner SJ5,
welche die Gründung vorwiegend im Zusammenhang mit der Wiederansied-
lung der Jesuiten in Innsbruck bzw. im Rahmen der Geschichte des Jesui-
tenkollegs in der Stadt untersucht haben. Des Weiteren sind die Arbeiten
1 Thun an Ficker, Wien 22.09.1856, Nachlass Ficker, Institut für Österreichische Geschichts-
forschung.
2 Siehe Ficker an Thun, Innsbruck 19.09.1856, Nachlass Leo Thun-Hohenstein, A3 XXI
D387, Staatliches Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweigstelle Tetschen-Bodenbach.
3 Siehe dazu Kapitel 6.6.
4 coretH, Das Jesuitenkolleg in Innsbruck; Emmerich coretH, Die Theologische Fakultät
Innsbruck. Ihre Geschichte und wissenschaftliche Arbeit von den Anfängen bis zur Gegen-
wart (= Veröffentlichungen der Universität Innsbruck 212), Innsbruck 1995.
5 raHner, Die Geschichte eines Jahrhunderts.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen