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6.6. SORGEN IN TIROL 365
vom katholischen Bekenntnisse beigelegt werde, wodurch sie dann mit gutem
Erfolge wird, ohne zur katholischen Universität proklamiert zu werden.138
Nur durch diese Maßnahme, so glaubte man in Meran, könne die Innsbru-
cker Universität sich gegen Salzburg behaupten. Die Rolle von katholischen
Professoren hob auch der Innsbrucker Bürgerausschuss hervor, der überdies
betonte, wie sehr die Universität in Innsbruck auch durch ihre geografische
Lage helfen könne „die deutsche Wissenschaft mit der italienischen zu ver-
mitteln und dadurch höchstwirksam dazu beizutragen, die Kluft zwischen
deutschen und italienischer Volksthümlichkeit mehr einzuebnen.“139 Schon
im Dezember 1856 hatte Clemens Brandis bei einer Rede auf der Generalver-
sammlung des Katholischen Vereins für Tirol und Vorarlberg auf die wichtige
Angelegenheit der Errichtung einer katholischen Universität in Innsbruck
hingewiesen und beantragt, der Verein möge dazu eine Petition an den Kai-
ser richten.140 Vieles in den Argumenten erinnert damit an die Situation von
1848/49, als man in Tirol schon einmal um die Universität fürchtete, aller-
dings war das öffentliche Aufbegehren im Jahre 1857 deutlich größer und
zudem durch die Forderung nach Errichtung einer katholischen Universität
in Innsbruck nun etwas anders gelagert. Während im Jahr 1848/49 mehr
noch auf den wirtschaftlichen und politischen Schaden hingewiesen worden
war, den eine Auflassung der Universität angerichtet hätte, argumentie-
ren die Petitionen aus dem Jahr 1857 deutlicher auch mit dem katholischen
Charakter des Landes. Hier zeigt sich auch der fortgeschrittene Prozess der
Konstruktion des Bildes, das Tirol als das katholische Land der Monarchie
imaginierte, der seit 1848 massiv zugenommen hatte und der schließlich im
„Kampf um die Glaubenseinheit“141 ihren Höhepunkt erreicht hatte.142 Die
Debatte um die Errichtung der katholischen Universität muss daher durch-
aus auch als Begleiterscheinung oder Teildiskurs dieses Prozesses betrachtet
werden.
Selbst der Brixner Bischof Vinzenz Gasser, einer der führenden Köpfe
in dieser Auseinandersetzung, war durch die Meldungen in den Zeitungen
aufgeschreckt worden. Er schrieb am 7. April 1857 daher besorgt an seinen
138 Gemeindevorsteher des Bezirkes Meran an Karl Ludwig, Meran 10.08.1857, Statthalterei,
Präsidialakten, 2367 ad 886/1857, Tiroler Landesarchiv.
139 Stadtmagistrat an Karl Ludwig, Innsbruck 13.03.1857, MCU Präs. ad 550/1857, Österrei-
chisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
140 Vgl. Innsbrucker Nachrichten, 292 (19.12.1856), S. 2032–2033.
141 Diese Formel ist zeitgenössisch. Die „Kampf“-Metapher unterstreicht die intensive Ausein-
andersetzung.
142 HuBer, „Kulturkämpfer“. Zur Frage der Glaubenseinheit siehe auch fontana, Der Kultur-
kampf in Tirol, S. 43–80.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen