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7 DIE UNIVERSITÄT UND DIE NATIONALEN AUSEINANDERSETZUNGEN
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volution in Innsbruck im März 1848 deutschnationale Äußerungen bei den
Studenten dominierten, national geprägte Spannungen innerhalb der Stu-
dentenschaft sind zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht bekannt.4 Zumindest
am Beginn der revolutionären Ereignisse in Innsbruck scheint die Solida-
rität innerhalb der Studentenschaft auch nicht durch sprachliche Unter-
schiede beschränkt gewesen zu sein. Alois Flir schreibt etwa, er habe in den
ersten Tagen der Demonstrationen beim Gouverneur beantragt, „eine kleine
Rotte von Wälschen“5 aus der Studentenschaft auszuschließen, die ver-
sucht hatten, in ein Schulzimmer der Jesuiten einzudringen. Damit habe er
jedoch den Unmut der gesamten Studentenschaft auf sich gezogen und seine
Popularität bei den Studenten vollkommen verloren. Spätestens als es je-
doch darum ging, die Einheit des Landes auf dem Feldzug gegen die italieni-
schen Freischärler an den Südgrenzen Tirols zu schützen, und nicht zuletzt
als die Forderungen nach politischer Autonomie Südtirols, also des heutigen
Trentinos, innerhalb des Landes Tirols lauter wurden, wurden auch die na-
tionalen Spannungen in der Studentenschaft größer.6
Nach dem Ende des Feldzuges und nachdem die Studenten sich im Herbst
1848 zur Wiedereröffnung des Semesters in Innsbruck eingefunden hat-
ten, ließ sich die einmal in Gang gesetzte Politisierung der Studenten nicht
wieder vollkommen rückgängig machen. Dabei waren es insbesondere die
deutschnationalen Töne, die bei den politischen Autoritäten im Land für Un-
ruhe sorgten. Das zeigen die Klagen über Ausflüge der Studenten nach Hall
in Tirol, bei denen politische Lieder gesungen wurden und einmal auch eine
schwarz-rot-goldene Flagge in einem Garten aufgepflanzt worden war.7
Die deutschnationale Gesinnung in der Studentenschaft kommt auch in
einem offenen Brief zum Ausdruck, den der Ausschuss der Studenten im
Frühjahr 1849 an die Tiroler Abgeordneten in der Frankfurter Paulskirche
gerichtet hatte.8 Anlass war die Debatte über die Frage nach dem An-
Innsbruck bei goLLer, Die Matrikel der Universität Innsbruck, hat jedoch das Bild grund-
sätzlich bestätigt. Dort ist lediglich der Herkunftsort der Studenten angegeben, worauf auf
die sprachliche Zugehörigkeit geschlossen wurde. Eine eindeutige sprachliche Zuordnung
war daher nicht möglich, entsprach aber wohl auch nicht der sprachlichen Realität Tirols.
4 Vgl. dazu im Kapitel 3.1. Vgl. auch egger, „Für Gott, Kaiser und Vaterland zu Stehen und
zu Fallen…“, S. 52–56.
5 Flir, Briefe aus Innsbruck, Frankfurt und Wien, S. 194.
6 Vgl. auch das Urteil von goLLer, Jeder Notariat-Akt (…) Anlaß zu neuer Mißstimmung, S.
522.
7 Vgl. dazu oBerkofLer et al., Geschichte der Universität Innsbruck (1669–1945), S. 154–
155.
8 Eine differenzierte Haltung mit einer klaren Zuordnung nach Gruppen im Hinblick auf die
Frage der Vereinigung Deutschlands lässt sich erst im Laufe der 1860er- und den folgen-
den Jahren festmachen, als sich eine Reihe von unterschiedlichen studentischen Verbin-
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen