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7 DIE UNIVERSITÄT UND DIE NATIONALEN AUSEINANDERSETZUNGEN
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sen wollte, dennoch hielt er an der Bitte fest, die Verordnung, zumindest
in Teilen, zurückzunehmen. Er argumentierte dabei, dass die Universität
als „Landesanstalt“46 beiden Sprachgruppen gerecht werden müsse und
keine der beiden benachteiligen dürfe. Als Kompromiss schlug Moy daher
vor, dass die Professoren dazu angehalten würden, ihre Fragen auf Deutsch
zu stellen, den italienischsprachigen Studenten es jedoch freigestellt sei, auf
Italienisch zu antworten. Aufschlussreich sind auch die weiteren Ausführun-
gen Moys, in denen er auf den besonderen Fleiß der italienischen Studenten
hinweist. Dies ist insofern von Interesse, da von anderen Professoren meist
umgekehrt argumentiert wurde und demgegenüber die Faulheit und Ver-
gnügungssucht der italienischen Studenten betont worden war.47
Thun ließ sich jedoch nicht umstimmen, und kurz vor dem Ablaufen der
Übergangsfrist im Dezember 1856 erinnerte man die Universität nochmals
an die nun in Geltung tretende Regelung, wonach der Gebrauch der italie-
nischen Sprache bei Prüfungen nur noch in Ausnahmefällen erlaubt war.
Als Ausnahme von der Regel galt dabei der Fall, dass der Kandidat bereits
die Hälfte der Prüfungen in Italienisch abgelegt hatte bzw. seine Deutsch-
kenntnisse anderweitig bewiesen waren. Thun betonte dabei nochmals seine
Auffassung:
Von Kandidaten des juridischen Doktorates, die durch mehrere Jahre an einer
deutschen Universität studierten, dortselbst nur deutsche Vorträge hörten
und denen die dort zugebrachten Semester ohne Anstand in die gesetzliche
Studienzeit eingerechnet wurden, muß es als Bedingung des erfolgreichen Be-
treibens dieser Universitätsstudien vorausgesetzt werden, daß sie die deut-
sche Sprache in hinreichendem Maße sich eigen gemacht haben, um auch in
dieser Sprache Rechenschaft von ihrer erworbenen Kenntniß ablegen zu kön-
nen.48
Der mehrfache Hinweis auf den Besuch der deutschen Vorlesungen muss
dabei wohl auch dahingehend gedeutet werden, dass zahlreiche italienische
Studenten bis 1848, die Möglichkeit des Privatstudiums nützend, lediglich die
Prüfungen in ihrer Muttersprache absolvierten und somit trotz Besuch einer
deutschsprachigen Universität nur geringen Kontakt mit der deutschen Spra-
46 Ebenda.
47 Etwa bei Jäger an Feil, Innsbruck 26.05.1854, 129.637, Wienbibliothek, Handschriftenab-
teilung; Vgl. auch die stereotypenhaften Schilderung bei Petter an Thun, Split 14.04.1850,
Nachlass Leo Thun-Hohenstein, A3 XXI D45, Staatliches Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweig-
stelle Tetschen-Bodenbach.
48 Thun an die Statthalterei, Wien 25.12.1856, Statthalterei Studien 1109/1856, Tiroler Lan-
desarchiv. Der Erlass ist auch im RGBl 8/1857 abgedruckt.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen