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Venus im Pelz
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ruhte unter einer kleinen dunklen Pelzmütze, von welcher ein schwarzer Schleier ringsum herabfiel. Wanda war sehr gut aufgelegt, steckte mir Bonbons in den Mund, frisierte mich, löste mein Halstuch und schlang es in eine reizende, kleine Masche, deckte ihren Pelz über meine Knie, um dann verstohlen die Finger meiner Hand zusammenzupressen, und wenn unser jüdischer Kutscher einige Zeit konsequent vor sich hinnickte, gab sie mir sogar einen Kuß und ihre kalten Lippen hatten dabei jenen frischen, frostigen Duft einer jungen Rose, welche im Herbste einsam zwischen kahlen Stauden und gelben Blättern blüht, und deren Kelch der erste Reif mit kleinen, eisigen Diamanten behangen hat. Das ist die Kreisstadt. Wir steigen vor dem Bahnhofe aus. Wanda wirft ihren Pelz ab und mir mit einem reizenden Lächeln über den Arm, dann geht sie die Karten lösen. Wie sie zurückkehrt, ist sie vollkommen verändert. »Hier ist dein Billett, Gregor«, spricht sie in dem Tone, in welchem hochmütige Damen zu ihren Lakaien sprechen. »Ein Billett dritter Klasse«, erwiderte ich mit komischem Entsetzen. »Natürlich«, fährt sie fort, »nun gib aber acht, du steigst erst dann ein, wenn ich im Coupé bin und deiner nicht mehr bedarf. Auf jeder Station hast du zu meinem Waggon zu eilen und nach meinen Befehlen zu fragen. Versäume dies ja nicht. Und nun gib mir meinen Pelz.« Nachdem ich ihr demütig wie ein Sklave hineingeholfen, suchte sie, von mir gefolgt, ein leeres Coupé erster Klasse auf, sprang auf meine Schulter gestützt hinein und ließ sich von mir die Füße in Bärenfelle einhüllen und auf die Wärmflasche setzen. Dann nickte sie mir zu und entließ mich. Ich stieg langsam in einen Waggon dritter Klasse, der mit dem niederträchtigsten Tabaksqualm, wie die Vorhölle mit dem Nebel des Acheron gefüllt war, und hatte nun Muße, über die Rätsel des menschlichen Daseins nachzudenken, und über das größte dieser Rätsel – das Weib. Sooft der Zug hält, springe ich heraus, laufe zu ihrem Waggon und erwarte mit abgezogener Mütze ihre Befehle. Sie wünscht bald einen Kaffee, bald ein Glas Wasser, einmal ein kleines Souper, ein anderesmal ein Becken mit warmem Wasser, um sich die Hände zu waschen, so geht es fort, sie läßt sich von ein paar Kavalieren, die in ihr Coupé gestiegen sind, den Hof machen; ich 59
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Venus im Pelz
Title
Venus im Pelz
Author
Leopold Von Sacher-Masoch
Date
1901
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
114
Keywords
Novelle, Liebe
Categories
Weiteres Belletristik
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