Page - 60 - in Venus im Pelz
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sterbe vor Eifersucht und muß Sätze machen wie ein Springbock, um
jedesmal das Verlangte rasch zur Stelle zu schaffen und den Zug nicht zu
versäumen. So bricht die Nacht herein. Ich kann weder einen Bissen essen
noch schlafen, atme dieselbe verzwiebelte Luft mit polnischen Bauern,
Handelsjuden und gemeinen Soldaten, und sie liegt, wenn ich die Stufen ihres
Coupé ersteige, in ihrem behaglichen Pelz auf den Polstern ausgestreckt, mit
den Tierfellen bedeckt, eine orientalische Despotin, und die Herren sitzen
gleich indischen Göttern aufrecht an der Wand und wagen kaum zu atmen.
In Wien, wo sie einen Tag bleibt, um Einkäufe zu machen, und vor allem
eine Reihe luxuriöser Toiletten anzuschaffen, fährt sie fort, mich als ihren
Bedienten zu behandeln. Ich gehe hinter ihr, respektvoll zehn Schritte
entfernt, sie reicht mir, ohne mich nur eines freundlichen Blickes zu
würdigen, die Pakete und läßt mich zuletzt wie einen Esel beladen
nachkeuchen.
Vor der Abfahrt nimmt sie alle meine Kleider, um sie an die Kellner des
Hotels zu verschenken, und befiehlt mir, ihre Livree anzuziehen, ein
Krakusenkostüm in ihren Farben, hellblau mit rotem Aufschlag und
viereckiger, roter Mütze, mit Pfauenfedern verziert, das mir gar nicht übel
steht.
Die silbernen Knöpfe tragen ihr Wappen. Ich habe das Gefühl, als wäre ich
verkauft oder hätte meine Seele dem Teufel verschrieben.
Mein schöner Teufel führte mich in einer Tour von Wien bis Florenz, statt
der leinenen Masuren und fettlockigen Juden leisten mir jetzt krausköpfige
Contadini, ein prächtiger Sergeant des ersten italienischen
Grenadierregiments und ein armer deutscher Maler Gesellschaft. Der
Tabakdampf riecht jetzt nicht mehr nach Zwiebel, sondern nach Salami und
Käse.
Es ist wieder Nacht geworden. Ich liege auf meinem hölzernen Ruhebette
auf der Folter, Arme und Beine sind mir wie zerbrochen. Aber poetisch ist die
Geschichte doch, die Sterne funkeln ringsum, der Sergeant hat ein Gesicht
wie Apollo von Belvedere, und der deutsche Maler singt ein wunderbares
deutsches Lied:
»Nun alle Schatten dunkeln
Und Stern auf Stern erwacht,
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Venus im Pelz
- Title
- Venus im Pelz
- Author
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 114
- Keywords
- Novelle, Liebe
- Categories
- Weiteres Belletristik