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Vorbemerkungen40
sammenkunft von Jugendlichen hielt, und die kurz darauf in der Zeitschrift Mahnruf
erschien, kann als ein sanftes Mahnen verstanden werden, nicht der Versuchung zu
verfallen, relative Werte zu verabsolutieren:
Volk – Reich – Führer; Blut und Boden; Rasse – und vielleicht auch Klasse. Alle Ideale, alle
Werte, die hinter den aufgezählten Worten stehen mögen, gelten irgendwie; aber sie gelten
nur relativ, und nur das Wissen um ein Absolutes ist dazu angetan, die relativen Werte zu rela-
tivieren, die Dinge nicht zu vergötzen, sondern sie an den rechten Ort, in die rechte Ordnung zu
bringen; und, darĂĽber hinaus, schlieĂźlich auch zu verhĂĽten, dass der Mensch sich selbst vergotte,
indem er sich selbst zum „Maß aller Dinge“ macht.
Frankl spricht hier in der Ăśberzeugung, dass die monotheistischen Religionen deut-
lich machen sollten, verschiedene Wege zu ein und demselben Ziel, das heiĂźt zu
Gott, darzustellen. Frankl zufolge wĂĽrde dieses Umdenken mehr Toleranz und Soli-
darität in der Welt zur Folge haben:
Unsere Toleranz dürfte nicht einmal den nichtreligiösen Menschen gegenüber haltmachen.
Unsere Solidarität mit allen anständigen Menschen müsste vielmehr so weit gehen, wie sie in
den Gaskammern der Konzentrationslager gegangen ist, in denen die Menschen gewiss in So-
lidarität gestorben sind, mag nun der eine dabei ein Vaterunser auf den Lippen gehabt haben
und der andere das jüdische Sterbegebet – und wiederum ein anderer die Marseillaise.
5.2. „...unD DieS alleS WirD euch hinzugegeben“ (1954)
In dem kurzen Beitrag, der am 28. Februar 1954 in der Zeitschrift Neue illustrierte
Wochenschau. Das Blatt für alle erschienen ist, liefert Frankl zunächst die logothera-
peutische Deutung eines Verses aus der Bergpredigt. Es geht um Vers 33, Kapitel 6,
im Matthäusevangelium: „Sucht zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit;
und dies alles wird euch hinzugegeben.“ Dieser Satz ist einem Abschnitt von Mt
6 entnommen, in dem es um die falsche und die rechte Sorge geht. Exegetisch
betrachtet geht es in diesem Vers um die richtigen Prioritäten im Leben. Im Sinne der
Botschaft der Bergpredigt soll der Mensch zuerst nach der eminent lebenspraktischen
Dimension der Gerechtigkeit trachten, alles andere, was er zum Leben braucht, wird
ihm zufallen. Schon im ersten Satz seines Aufsatzes betont Frankl einerseits, dass er als
Arzt seinen anthropologischen Standpunkt keinesfalls zugunsten eines theologischen
aufgibt. Andererseits bewegt ihn die Sorge um die Wahrheit im klinischen Alltag.
Open Access © 2018 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Viktor E. Frankl
Gesammlte Werke
Psychotherapie, Psychiatrie und Religion. Ăśber das Grenzgebiet zwischen Seelenheilkunde und Glauben
- Title
- Viktor E. Frankl
- Subtitle
- Gesammlte Werke
- Authors
- Alexander Batthyany
- János Vik
- Karlheinz Biller
- Eugenio Fizzotti
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20574-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 318
- Keywords
- Psychotherapie, Psychologie, Psychiatrie, Religion, Logotherapie, Existenzanalyse, Viktor Frankl
- Category
- Geisteswissenschaften