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Unternehmen erstmalsWerbeabteilungen ein, das Berufsbild des Reklamefachmanns
war imEntstehen.PraxisbezogeneHandbücherundEinzelhandelszeitschriftensetzten
sicheingehendmitverkaufsförderndenTechnikenauseinander.43
ZudemhattensichdieEinkommensverhältnisseverbessert,breitereBevölkerungs-
teilekonntensichnun– inunterschiedlicherAusprägung–amMassenkonsumbeteili-
gen. Bedürfnisse wurden geweckt und hatten sich verschoben. Ausdruck dieser
Entwicklungwaren die um 1900neu entstandenenKauf- undWarenhäuser, die sich
sozialerSchrankenenthoben,WünschewecktenundinArrangementundAusstattung
Erlebnisweltenkreierten,diezumVerweilenundKonsumierenanregten.44
Zugrundlegendenökonomischen, aber auchkommunikationstechnischenVerän-
derungenkamesinfolgedesErstenWeltkriegs.EinerbeginnendenProsperität imZuge
der kriegswirtschaftlichenAufrüstungum1915 folgte 1917 ein rascherVerfall der Pro-
duktion. Esmangelte an Rohstoffen undArbeitskräften. Nahrungsmittel-, Brennstoff-
undBekleidungsknappheitgriffenumsich,wobeihierdas logistischeUnvermögender
Behördenmitausschlaggebendwar.45TrotzderökonomischenBedingungen,diemas-
sive Rückgänge im Bereich des Werbemittelaufkommens zur Folge hatten, gab der
Erste Weltkrieg der Wirtschaftswerbung enorme, nachhaltig prägende Impulse. Die
Heimatfront war zu mobilisieren, Freiwillige wurden angeworben, die Bevölkerung
musstezurZeichnungzahlreicherKriegsanleihenmotiviertwerden.UnterdemEinsatz
modernsterWerbemethoden, zu denennun auchder Film zählte, steuerte die Politik
die Massen. Auf allen Ebenenwurde für die Kriegsmaschinerie geworben. Der Erste
Weltkrieg istsomitauchals„UrhebereinesmodernenVerständnissesvonMassenkom-
munikation“zuverstehen.46
DerDurchbruchdermodernenWirtschaftswerbungwardurchdieDauerkriseder
Zwischenkriegszeit nicht aufzuhalten. Eine durchgehende ökonomische Stagnation
und Schrumpfung prägte die Jahre 1918 bis 1938. Auf die Hyperinflation, die 1922
ihren Höhepunkt erreichte, folgte eine Phase der Stabilisierung. 1929 setzte eine
schwereDepressionein,vonder sichdieösterreichischeWirtschaftnichtmehrerho-
len sollte. DieMassenarbeitslosigkeit war Ende 1934mit 38,5 Prozent der unselbst-
ständig Erwerbstätigen auf ihrem Höchststand und führte zu einem Schwund der
43 Morawetz,„Kontakt“ inder„ÖsterreichischenReklame“, S. 12–13,69.
44 Zu der Innovationskraft der Warenhäuser in Wien und den zeitgenössischen Diskursen, die
sich um die neuen Konsumwelten entsponnen, siehe: Schwarz, Werner Michael: Karneval der
Waren.WarenhausundÜberschreitung, in:Breuss, Susanne/Eder, FranzX. (Hg.): Konsumieren in
Österreich19.und20. Jahrhundert,Wien2006,S.71–85.
45 Sandgruber, Ökonomie und Politik, S. 319–322. Eigner/Helige: Wirtschafts- und Sozialge-
schichte,S. 125–127.
46 Gries,Produkte&Politik,S.58,67.
2.1 ÖkonomischeBedingungen, technologische Innovationen 13
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Der österreichische Werbefilm
Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Title
- Der österreichische Werbefilm
- Subtitle
- Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Author
- Karin Moser
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-062230-0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Culture of memory, media history, advertising
- Category
- Kunst und Kultur