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Organisationsprinzipien zumTragen kommen, beruht dieMontage bei den industri-
ellen Aufnahmen vornehmlich auf zeitlichen Abläufen: Die einzelnen Herstellungs-
schrittewerdenchronologischaneinandergereiht.132HalbnaheundnaheEinstellungen
erlaubten eine genaue optische Untersuchung des gezeigten Prozesses und wurden
schnell zu einem standardisierten Stilmittel des industriellen Bilds. Im Streben nach
dem größeren filmischen Effekt entwickelte sich demnach die Filmsprache fast
„nebenbei“.133
Die ersten IndustriefilmeösterreichischerProvenienz stammenausden 1910er-
Jahren134 und somit aus einer Zeit, als „Naturaufnahmen“auch inortsfestenKinos
bereits zu einem fixen Programmpunkt zählten, allerdings nichtmehr im Bereich
der Hauptattraktionen, sondern als Begleitbilder zum Langfilm. Nach und nach
hatte sichdie Laufzeit der präsentiertenLaufbilder verlängert:Um1907wiesendie
imKino vorgeführten Filme eine durchschnittliche Länge von6Minuten auf. 1909
lagdieProjektionszeit bei vielenFilmenbereitsbeiüber 20Minuten,derMittelwert
belief sich auf 8 Minuten und 50 Sekunden.135 Nicht-fiktionale Filme waren um
1900 zwischen ein und vierMinuten lang, um 1914 lag dieserWert bei sieben bis
zwölfMinuten.136 Parallel dazu nahmder Anteil der fiktionalen Filme laufend zu,
ab 1906dominierten siemit einer Zweidrittelmehrheit dasGesamtangebot. Sämtli-
che anerkannte Hersteller boten nun keine „Bilder“mehr an, sondern offerierten
Dramen, Komödien, Lustspiele oder Tragödien und orientierten sich folglich an
klassischenKategorien.137
ZudemverändertesichdieAufführungspraxis–statt inWanderkinoswurdezu-
nehmendin festenEtablissementsgespielt.138 InWien lassensichdieerstenperma-
nentenLichtspieltheater inden Jahren 1903bis 1905nachweisen. 1908erfolgte die
Gründung des „Reichsverbandes der Kinematographenbesitzer“, in dem die
132 Gunning,VordemDokumentarfilm,S. 115–117.
133 Sozitiertnach:Kieninger,Wanderkinos,S. 146,222.
134 Einzig zwei Hinweise auf Frühformen des Industriefilms finden sich vor 1902: DAS EISEN
(A 1902, Produkton: Friedrich Umlauft) sowie DERMAGEN VONWIEN (A 1902, P: MaxWinter), ein
Filmüber denAblauf der Fleischerzeugung. Ob es sich beimHersteller des FilmsDERMAGEN VON
WIEN, um den für seine Sozialreportagen bekannten Journalisten und späteren sozialdemokrati-
schenPolitiker,MaxWinter handelte, konntenicht geklärtwerden.Vgl. dazu:Kieninger,Wander-
kinos,S. 299bzw.ZnaimerWochenblatt,Nr. 28,9.April 1902,S.7.
135 HierwirddenBerechnungenderStudievonErnstKieningergefolgt:Ebd.,S. 315–316.
136 Jacques, Pierre-Emmanuel/Zimmermann, Yvonne: Dokumentarischer Film in der Schweiz im
historischenÜberblick (1896–1964), in: Zimmermann, Yvonne (Hg.): Schaufenster Schweiz. Doku-
mentarischeGebrauchsfilme1896–1964,Zürich2011,S.93.
137 Kieninger,Wanderkinos, S. 315–316, 325. Jacques und Zimmermann setzen den Zeitpunkt der
zunehmendenDominanz des abendfüllenden Spielfilms ab 1911 an. Jacques/Zimmermann, Doku-
mentarischerFilm,S.96.
138 DieAutorin zitiert hier Kapitel 3 ihresArtikels:Moser, „Frühes Kino“, Kapitel 3 „VomSchau-
stellerbetrieb zumKinotheater“, http://ww1.habsburger.net/de/kapitel/vom-schaustellerbetrieb-
zum-kinotheater,30.11.2014.
30 3 AnfängederKinematographie inÖsterreich
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Der österreichische Werbefilm
Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Title
- Der österreichische Werbefilm
- Subtitle
- Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Author
- Karin Moser
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-062230-0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Culture of memory, media history, advertising
- Category
- Kunst und Kultur