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gedacht waren. Die Aufnahmen entsprechen dem Prinzip der „Ansicht“, es fehlt
jegliches Narrativ, die Beobachteten (Handwerker) treten in direkten Kontakt mit
der Kamera, sie sprechen, gestikulieren, verbeugen sich. Interessant ist, dass hier
weniger für den einzelnen Betrieb geworbenwird,167 sondern vielmehr die Produ-
zentenderLaufbilderexplizit imTitel genanntwerdenoderüberSchilder,diewäh-
rendder gesamtenAufnahmezusehen sind, ausgewiesenwerden.DieHersteller–
Dr. Alto Arche imAuftrag der Firma Lechner –warben demnach bei potenziellen
Interessenten für ihreGebrauchsfilmproduktion.
DasvonGunningbisetwa1906angesetzte„KinoderAttraktionen“168wardem-
nach in Österreich-Ungarn in Hinblick auf den Industriefilm nochweit bis in die
1910er-Jahre gebräuchlich,währendgleichzeitig Filme entstanden, die bereits eine
zunehmend narrative Gestaltung verfolgten. Zu Letzteren zählten vor allem jene
Produktionen,die fürdieöffentlicheAufführunggedachtwaren.Diewenigennach-
weisbaren industriell ausgerichteten Kurzfilmen der Vorkriegszeit hatten die Lam-
penproduktion, die Herstellung von Tabakwaren, den aktuellen technologischen
Stand derMilchindustrie, landwirtschaftlicheMaschinen oder die Filmproduktion
selbstzumThema.169
Früh ersichtlichwar eine gewisse Verbindungslinie zwischen Industrie(werbe)-
und Lehrfilm, wie etwa auch die für den Unterricht vorgesehenen Streifen Alto
Arches unter Beweis stellen. Schon 1907 wurde angesichts der Präsentation von
LaufbildernanderTechnischenHochschule inCharlottenburgderdoppelteNutzen
„technischer Filme“ in der Fachzeitung Der Komet beleuchtet. Einerseits könnten
derartige kinematographische Bilder den Studierenden die Arbeitsweise komplexer
Maschinenveranschaulichen,andererseitswürdensiedieTechnikansichnichtnur
popularisieren, sondernsichzudemalseinezielgerichteteReklamebeiFachausstel-
lungenerweisen.170SiebenJahrespätererkanntemaninderHerstellungvonIndust-
riefilmen bereits einen national ökonomischen Vorteil. Ausgehend von britischen
Beispielen betonte das Spezialmagazin des Produktions- und Verleihbetriebs „Ec-
lair“ dieMöglichkeiten, die diese Filme auch anderen Völkern und Staaten böten:
167 Einzig imBildGLASBLÄSEREIwirddasUnternehmen, indemdieDreharbeiten stattfanden, aus-
gewiesen:GlasbläsereiPaulHaack,WienIX,Garellig.4.
168 Gunning,Tom:TheCinemaofAttractions, Its Spectator and theAvant-Garde, in:WideAngle,
Bd.8,Nr.3/4, 1986,S.63–70.
169 DIE FABRIKATIONDERVERTEXLAMPE (A 1912, P:WienerKunstfilm-Industrie).Kinematographische
Rundschau, Nr. 247, 1. Dezember 1912, S. 13. LANDWIRTSCHAFTLICHEMASCHINEN (A 1912, P:Danubia).
Mitteilungen der Österreichisch-Ungarischen Kinoindustrie Ges.m.b.H., Nr. 6, 10. Februar 1912, S. 3.
DIEMILCH-INDUSTRIE INPRAG (A1913,P:unbekannt).Kino (Prag), 31.Oktober 1913. o. S.DIEHERSTEL-
LUNGEINERZIGARRE (A1914,P:WienerSpezialfilm).KinematographischeRundschau,Nr.310, 15.Feb-
ruar 1914, S. 76. DIE IDEALE FILMERZEUGUNG (A 1914), P: Sascha-Filmfabrik. Fritz, Dokumentarfilme,
Verzeichnis 1909–1914,Nr. 127.
170 DerKomet,„DerKinematograph imDienste technischerBelehrung“,Nr,. 1155, 1907,S.9.
4.2 IndustriefilmeundgewerblicheFilmpropaganda 37
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Der österreichische Werbefilm
Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Title
- Der österreichische Werbefilm
- Subtitle
- Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Author
- Karin Moser
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-062230-0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Culture of memory, media history, advertising
- Category
- Kunst und Kultur