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der Bevölkerung zu tragen“. Seine Pionierarbeit bestand – so Goldschmid – vor
allemdarin, dieUnterschiede zwischenDeutschenundÖsterreichern zu verdeutli-
chen,wobeiLetzterennachdererstenPropagandafahrtbereitsgrößtesWohlwollen
und freundschaftlicheGefälligkeiten entgegengebrachtwurden.Weitere Touren in
die Region waren in Planung, wobei nun speziell auch Industrie- und Städteauf-
nahmen in das Programm aufgenommen werden sollten. Wiederholt wies Gold-
schmid darauf hin, dass man von deutscher Seite Versuche unternommen hatte,
die österreichischePropagandazuunterminieren, ja sogardemAnsehenderHabs-
burgermonarchie zu schaden.255 Umgekehrt registrierten die deutschen Propagan-
dastellen eine klare filmische Dominanz Österreich-Ungarns in der Türkei und
in den Balkanstaaten, während der eigene Einfluss als schwindend empfunden
wurde.256
Umgekehrt verfolgte dasKPQdieAktionendes verbündetenDeutschenReichs
wieauchdergegnerischenEntentegenau,wobeimanbeideneinebesonderserfolg-
reiche filmischePropagandatätigkeit konstatierte. FrühzeitighätteDeutschlandauf
diegezielteAgitationperFilmgesetztundaufdiesemWeg„diewirtschaftlicheStel-
lungderMonarchie zu schädigen“versucht.257 SowohldieEntentemächte als auch
Deutschland verfügten, nach Ansicht des KPQs, über weit mehr finanzielle Mittel
alsÖsterreich-Ungarnundhättendazu auchdieMöglichkeit, ihre FilmedenKino-
unternehmen kostenfrei anzubieten. Die k.u.k. Filmwirtschaft hatte indes mit zu-
sätzlichen finanziellen Belastungen zu kämpfen, so war man etwa genötigt, das
RohfilmmaterialausDeutschlandzubeziehen.258
ZudemzogenauchdieEntentemächtealleRegister,umdieVerbreitung„feind-
lichen“ Filmmaterials in den neutralen Staaten zu unterbinden. In der Schweiz
etwawurden französische und englische Filme den Kinobetreibern nur unter der
Bedingunggebührenfrei gestellt, dieVorführungdeutscherProduktionenzuunter-
lassen. Im Gegenzug kauften Vertreter des Deutschen Reichs 26 Kinos in der
Schweiz auf, um sich den Zugang zumFilmmarkt zumindest teilweise zu sichern.
Österreich-Ungarn konnte sich keiner entsprechendenMittel bedienen. Der finan-
ziell beschränkte Handlungsraum des KPQwurde in einemBericht der Filmstelle
255 KA,AOK,KPQ,Ktn.60,Filmstelle 1917,„AktionGoldschmid“,Nr. 3419,Mai 1917.
256 Jung, Uli/Mühl-Benninghaus,Wolfgang: Export und Import nicht-fiktionaler Filme, in: Jung,
Uli/Loiperdinger,Martin (Hg.):GeschichtedesdokumentarischenFilms inDeutschland,Bd. 1,Kai-
serreich1895–1918,Stuttgart 2005,S.425.
257 KA,KM,Präsidium,Ktn.2369,MemorandumüberdieBedeutungderKinoindustrievomStand-
punktedesStaates, 17.April 1918,Präs.Nr.:12707.
258 KA, AOK, KPQ, Ktn. 60. Filmstelle 1917, „Einleitungsreferat des Kommandanten des Kriegs-
pressequartiers zuder am9. Juli 1917 stattfindendenkommissionellenBesprechung inAngelegen-
heiten der Kriegsfilmpropaganda“, Nr. 6850/17. KA, AOK, KPQ, Ktn. 68, Filmstelle 1918,
„KorrespondenzSchramm-Schiessl“,„Propaganda inderSchweiz“,Nr. 14322, 1918.
5.1 OrganisierteKriegspropaganda 57
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Der österreichische Werbefilm
Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Title
- Der österreichische Werbefilm
- Subtitle
- Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Author
- Karin Moser
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-062230-0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Culture of memory, media history, advertising
- Category
- Kunst und Kultur