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ökonomischen Tatkraft dienten schließlich Aufnahmen, welche die wirtschaftliche
ErschließungeroberterundverwalteterGebietebelegten.301
Die auf ökonomischePropaganda abzielenden Industrie(werbe)filmewurden fast
ausschließlich vonder „Österreichisch-UngarischenSascha-Messter FilmfabrikGes.m.
b.H.“produziert,wobei fürdiese speziellenErzeugnissemitder „Sawerb“eineeigene
Werbefilmabteilungeingerichtetwordenwar.302AlsLeiterdieserSektion fungierteRo-
bert Reich, der als Drehbuchautor des ersten österreichischen Konsumartikelwerbe-
films bereits Erfahrungen gesammelt hatte und zudem auch als Kameramann beim
KPQ zumEinsatz gekommenwar.303 Die Produktionen der „Sawerb“wurden der Öf-
fentlichkeit in festlichemRahmenundinAnwesenheitdesKriegsministers,hochrangi-
ger Staatsbeamter, vonMilitärs undVertretern desHochadels inWienundBudapest
durch Direktor Reich vorgestellt. Neben touristischmotivierten Naturaufnahmen aus
derMonarchie, die stets Teil derpropagandistischenSelbstpräsentationblieben, stan-
den insbesondersKriegsindustriefilme imZentrumderVeranstaltungen.Siehattenvor
allemmoderne Herstellungsverfahren, imposant dargestellte Großanlangen und die
PräsentationdermenschlichenundmaschinellenKraftzumInhalt.304
Einer dieser die Kriegsproduktion idealisierenden Filme, DAS STAHLWERK DER
POLDIHÜTTE WÄHREND DES WELTKRIEGES, wurde von der Filmwissenschaft in den
vergangen Jahren entdeckt undmehrfach besprochen. Der Prozess der Herstel-
lung vonGranathülsenwirddetailreich vorgeführt, Kinder- undFrauenarbeit als
nicht explizit zu erläuternder Tatbestand dargebracht. Eine „Ästhetisierung der
Arbeit“ und eine „Mystifizierung des Produktionsvorgangs“, der „sich ikonogra-
phisch an das Nibelungenlied anlehne“ (Siegfried, der sein Schwert nächtens
schmiedet),305 erkannte die Forschung in der POLDIHÜTTE ebensowie die Umset-
zung einer Utopie von Rationalität und Liberalisierung: Die Maschinen würden
dieWerktätigennicht ersetzen, sondern einzig derenArbeit erleichtern306– eine
301 DIEWIRTSCHAFTLICHEERSCHLIESSUNGMONTENEGROSUNTERDERÖSTERREICHISCH-UNGARISCHENMILITÄR-
VERWALTUNG, I. und II. Teil, A 1917, P: Sascha-Messter. Vgl.: Der Kinobesitzer, „Filmvorführungen
vom2.bis 8.Nov. 1917, FilmfabrikSascha“, Nr. 11, 10.November 1917, S. 9.WIRTSCHAFTSAUFNAHMEN
AUS RUMÄNIEN, A 1918, P: Filmstelle des KPQ.Der Kinobesitzer, „Zensurergebnisse“, Nr. 44/45, 13.
Juli 1918,S.8.
302Weitere der „Sawerb“ zugeschriebene Industriewerbefilmproduktionen: DIE HERSTELLUNG VON
GRANATZÜNDERN,Aca. 1917.DASGRANITWERK SCHWARZWASSER INÖSTERREICHISCH-SCHLESIEN,Aca. 1916.
[SASCHA-WERKFILM1914–1918],A1914–1918 (Inhalt:ProduktionvonPatronenhülsen ineinerWiener
Munitionsfabrik).
303 Loacker/Prucha,UnerwünschtesKino,S.60.
304 Der Kinobesitzer, „Das lebende Bild als Dokument und Werbemittel“, 10. November 1917,
Nr. 11,S.5–6.NeueKino-Rundschau,„UngarischePropagandafilms““,Nr.62, 1918,S. 77.
305 Jung/Mühl-Benninghaus,TätigkeitderDeutschenLichtbild-Gesellschaft,S.430–432.
306 O’Quinn, Kimberly: The Reason andMagic of Steel: Industrial andUrbanDiscourses in DIE
POLDIHÜTTE, in: Elsaesser, Thomas: A Second Life: German Cinema’s First Decades, Amsterdam
1996,S.200. 5.3 „ZurDemonstrationökonomischerStärke“ 67
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Der österreichische Werbefilm
Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Title
- Der österreichische Werbefilm
- Subtitle
- Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Author
- Karin Moser
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-062230-0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Culture of memory, media history, advertising
- Category
- Kunst und Kultur