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nicht«98. AufAntrag desDisziplinaranwaltesAdamovichwurdeAdler vonder
Lehrtätigkeit suspendiert99undVoruntersuchungen eingeleitet. Adler wies die
gemachtenVorwürfe zurück undbemerkte: »Abgesehen davon, dassmir nie-
manddieUnklugheiteinersolchenAuesserungdirektgegenüberFunktionären
der vaterländischenFront zutrauendurfte,wäremirein solcherVorfall beider
Seltenheitmit der ich inden letzten Jahren inmeinerKanzlei tätig bin, unbe-
dingterinnerlichgewesen.«100AuchseinKanzleikollege,RudolfWeiss,bestätigte
AdlersAussage.SohatRudolfWeisslauteigenerAngabebeieinerSammlungim
November 1934 für dasDollfuss-Denkmal eine Spendewegendenwirtschaft-
lichenVerhältnissenverweigert.101Wie sichbei denweiterenVoruntersuchun-
gen herausstellte, wurde dieser Vorfall Adler angelastet.102Der Disziplinarse-
nat103 beschloss imMai 1935 einstimmig, die erste Disziplinaruntersuchung
gegen Adler einzustellen.104 In der gleichen Sitzung, jedoch in einer anderen
Zusammensetzung (nach dem neuen Disziplinargesetz)105 wurde die zweite
Disziplinaruntersuchung verhandelt. Entgegen der Anregung des Disziplinar-
anwaltesAdamovich dasVerfahren einzuleiten unddie Suspendierung zu be-
stätigen, stimmten alleMitglieder demAntragHupkas zu, die Disziplinarun-
tersuchungnicht einzuleitenunddieSuspendierungaufzuheben.
98 Schreiben desDisziplinaranwaltes Adamovich vom25.2. 1935 an denVorsitzenden der
Disziplinarkammer,UAW,DisziplinaraktMaxAdler, SonderreiheDisziplinarakten, Senat
S. 185.903.
99 DekanMerkl suspendierteAdler vorläufigmit der Begründung, »dass durch Ihre [Anm.
Adlers] Belassung imAmte vermöge derNatur des Ihnen zur Last gelegtenDisziplinar-
vergehens–einergegenüberFunktionärenderVaterländischenFrontgemachtenAeusse-
rung über den ermordeten Bundeskanzler Dr. DOLLFUSS das Ansehen des Amtes ge-
fährdetwerdenwürde«.VerfügungMerklsvom5.3.1935,UAW,DisziplinaraktMaxAdler,
SonderreiheDisziplinarakten, SenatS. 185.903.
100 ÄußerungAdlersüberreicht am15.3. 1935,UAW,DisziplinaraktMaxAdler, Sonderreihe
Disziplinarakten, SenatS. 185.903.
101 ÄußerungWeiss‹überreicht am15.3.1935,UAW,DisziplinaraktMaxAdler, Sonderreihe
Disziplinarakten, SenatS. 185.903.
102 Die Hausbesorgerin, Therese Schober, erklärte, RudolfWeiss hätte gesagt, »dass er für
diesenZwecknichtshergebe, für jedenanderenZweckseierbereit,eineSpendezugeben«,
VernehmungvonFrauSchoberam22.5.1935,UAW,DisziplinaraktMaxAdler,Sonderreihe
Disziplinarakten, SenatS. 185.903.
103 Zusammensetzung:GustavWalkeralsVorsitzender,LeopoldKrebs,OskarPisko,Leopold
Arzt und Egon Schweidler als Mitglieder sowieWilhelm Neidl und Gustav Lippert als
Standesvertreter; LudwigAdamovichalsDisziplinaranwalt.
104 Verhandlungsschrift der Sitzung vom 24.5. 1935, UAW,DisziplinaraktMax Adler, Son-
derreiheDisziplinarakten, SenatS. 185.903.
105 GustavWalker als Vorsitzender, Ludwig Adamovich als Disziplinaranwalt, Josef Hupka,
LeopoldArzt und Egon Schweidler sowieHans Rupprich als Standesvertreter, Verhand-
lungsschrift der Sitzung vom 24.5.1935, UAW, Disziplinarakt Max Adler, Sonderreihe
Disziplinarakten, SenatS. 185.903.
Disziplinarrecht98
Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Title
- Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Authors
- Thomas Olechowski
- Tamara Ehs
- Kamila Staudigl-Ciechowicz
- Publisher
- V&R unipress GmbH
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-985-7
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 838
- Category
- Recht und Politik