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Schule entwachseneStudent imSchrifttumzurecht finden? Ichhatte viele Fra-
gen,die ichnurmitanderenStudentenimStudentenheiminderPorzellangasse
besprechenkonnte–ohneallenGewinn.DerMassenbetriebinWienwarmir in
der Seele zuwider. Das großstädtische Getöse, Gehaste, Getue und eine un-
leugbareOberflächlichkeitdesdamaligenWienerLebenswidertenmichan.[…]
Nach der ersten Staatsprüfung imApril 1931 überlegte ich, ob ich nicht eine
deutsche oder andere österreichischeUniversität beziehen sollte. Im Sommer
entschiedichmich,nachInnsbruckzugehen.«41ImSommersemester1931hatte
dieWiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät knapp 3000 Studie-
rende – heute (2013) sind es rund 11.000 – was hätte Ullmann wohl hierzu
gesagt?
B. Stipendien (TamaraEHS)
1. Studienbeihilfen
Wer sich nicht in der privilegierten Situation befand, sich zwischen einem fi-
nanziell teureren (Rechtswissenschaften) oder einem (zumindest bis 1926)
billigerenStudium(Staatswissenschaften)entscheidenzumüssen, sondernvor
demProblemstand,ober/sie sichüberhaupteineakademischeBildung leisten
könne, blieb nur, nebendemStudiumeiner Erwerbsarbeit nachzugehenund/
oderum(teilweise)BefreiungvondenKollegiengeldern42anzusuchenund/oder
sich für eines (oder mehrere) der zahlreichen Stipendien zu bewerben. Jene
Stipendien beruhten auf (meist durch testamentarische Verfügung eingerich-
teten)Stiftungen.Einigebestandenbereits seitvielen Jahrzehntenwieetwadas
Goldberg-Stipendiumoder dasHaidenburs-Wann’sche Stipendium, diemeis-
tenwaren jedoch viel jüngerenDatums und spiegeln oftmals das (groß-)bür-
gerlicheMäzenatentumderWienerModernewider, das es demAdel gleichtat
undnichtnurKunstundKultur sondernauchdieWissenschaften förderte.
UnterdenzuletztgenanntenStipendienfindensichaucheinpaarexplizitden
Studierenden der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät gewidmete
Fördergelder, sozumBeispiel dasFranzArnt’sche Juristen-Stipendium:
DerStifter,FranzArnt, geboren imHerzogtumSchlesien, einstSektionschef
imk.k.österreichischenHandelsministeriumwar1890verstorbenundhatte in
seinemTestamentfestgelegt:»AlseineweitereStiftungvermacheichdenBetrag
von Sechstausend Gulden Nominale in österreichischen Papierrenten, deren
Zinsengenuss einemHochschüler ohne Rücksicht auf Nationalität oder Kon-
41 Ullmann, Selbstdarstellung274.
42 Geregelt in§3derVollzugsanweisungStGBl. 71/1920.
Stipendien 113
Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Title
- Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Authors
- Thomas Olechowski
- Tamara Ehs
- Kamila Staudigl-Ciechowicz
- Publisher
- V&R unipress GmbH
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-985-7
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 838
- Category
- Recht und Politik