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die als leitendeMänner auch in höheren LebensjahrenVerständnis für neues
habenunddengeändertenBedürfnissenderZeit richtigdienenwerden.«30Als
Unterstützung fürdiePraxis fordertedasProfessorenkollegiumdieErrichtung
undAusbauungvonspezialisierendenFortbildungen.FürdenerstenAbschnitt
wurde die »Herabsetzung der Stundenzahl der rechtsgeschichtlichen Pflicht-
kollegien«beantragt. SosolltedasRömischeRechtvon20auf15,dasDeutsche
Recht von zehn auf acht und das Kirchenrecht von sieben auf fünfWochen-
stundenverringertwerden.
AuchdieanderenFakultätenliefertenihreGutachten,diezumTeilbeiweitem
nicht so harmonisch waren wie dieWiener Beschlüsse, die einen »Kompro-
mißcharakter [zeigten, jedoch]eineneinheitlichengroßzügigenReformplan«31
nichtenthielten.SospieltensichdieReformgesprächeletztlichbiszumEndeder
Monarchie inderRegelnicht imParlamentab.
Eine Ausnahme bildete der Vorstoß von böhmischer Seite: So stellte im
Jänner1918derAbgeordnetedesBöhmischenKlubsVil¦mFunkgemeinsammit
weiterenKlubmitgliedern des BöhmischenKlubs und des Böhmischen natio-
nalsozialenKlubs imAbgeordnetenhaus denAntrag, Finanzrecht als Obligat-
fach des rechtswissenschaftlichen Studiums einzuführen. Funk hatte mit der
Materie Erfahrung, lehrte er doch Finanzrecht an der Rechts- und Staatswis-
senschaftlichen Fakultät der böhmischenKarl-Ferdinand-Universität in Prag.
Vorgeschlagenwurdedie expliziteVerankerungdes »österreichischenFinanz-
rechts« sowohl inderStudienordnungals auch inderRigorosenordnung.Dies
sollte durch dieÄnderung der Studienordnung von »Finanzwissenschaft mit
besonderer Berücksichtigung der österreichischen Finanzgesetzgebung« in
»Finanzwissenschaft und österreichisches Finanzrecht« erfolgen.32 Nach der
Studienordnungvon1893war lediglich»die regelmäßigeAbhaltung«vonVor-
lesungenzumösterreichischenFinanzrechtsicherzustellen.33Dieserschienden
Antragstellernzuwenig,sieforderteneineeigenständigePrüfungundnicht(wie
etwadieKommissionzurFörderungderVerwaltungsreform)dieVerankerung
desFinanzrechts imRahmenderPrüfungzurFinanzwissenschaft–diesenWeg
lehnten siemit demArgument ab, dass dies »wohl auf einer wissenschaftlich
nichtpräzise[n]Denkensartberuhenvermag,dadietheoretischeLehrevonden
öffentlichenWirtschaften (Finanzwissenschaft)mitderdogmatischenErläute-
rung eines bestehenden Rechtes, nota bene eines so weitgehenden Rechtsge-
bietes, nicht zusammengeworfenwerden kann.«34DieAbgeordneten betonten
dieDringlichkeit derReform–die »Bedeutung des Finanzrechts als einer der
30 Sperl,Neugestaltung8.
31 Dungernet al.,Grundlinien3.
32 Initiativantrag938BlgAHXXII. Sess.
33 §7Z.7RStVO1893.
34 Initiativantrag938BlgAHXXII. Sess.
Allgemeines 139
Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Title
- Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Authors
- Thomas Olechowski
- Tamara Ehs
- Kamila Staudigl-Ciechowicz
- Publisher
- V&R unipress GmbH
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-985-7
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 838
- Category
- Recht und Politik