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Nach 1918
Die Wundes des Staates - Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
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23Starke Bilder – Grundriss einer Studie ab März 1919 Staatsamt für soziale Verwaltung und schließlich im November 1920 Bundesministerium für soziale Verwaltung hieß. Die Kriegsopferversorgung der Ersten Republik ist ganz wesentlich als ein Pro- dukt der Aushandlung zwischen diesen beiden Akteuren  – den staatlichen Stellen und den Kriegsopfervertretungen  – zu verstehen. Strategie und Taktik, Aktion und Reaktion kennzeichneten diesen Prozess und begründeten ein System der wechsel- seitigen Lenkung und Einflussnahme. Keiner der Akteure ist freilich eindimensional zu denken : Weder vertraten die staatlichen Behörden monolithische Interessen, noch hatten die Kriegsopfer homogene Bedürfnisse. Eine ab 1918 nur mehr untergeordnete Rolle spielte die private Fürsorge, die schon während des Krieges sukzessive weniger als Akteurin, denn als appellativ adressierte Partnerin anzusehen ist. 1.1.4 Opfer und Geschlecht Kriegsopfer waren nicht nur Männer. Auch Frauen waren Kriegsopfer und wurden vom Invalidenentschädigungsgesetz als Leistungsempfängerinnen erfasst. Doch sieht man von den wenigen Fällen der selbst beschädigten Frauen ab, so gehörten weibliche Kriegsopfer meist der großen Gruppe der Kriegerwitwen und Kriegermütter an. Es war nicht die eigene körperliche Integrität, die sie einbüßten ; ihr Verlust war anderer Natur. Stärker mit der körperlichen Invalidität konfrontiert waren jene Frauen, deren Söhne oder Ehemänner kriegsbeschädigt von den Kämpfen zurückkehrten und einer  – wohl unterschiedlich erfolgreichen  – Reintegration entgegensahen.20 So bewirkte der Krieg nicht nur durch die lange Abwesenheit der Männer während des Krieges, son- dern auch durch  – noch lange nach Kriegsende wirksame  – Faktoren nachhaltige Irri- tationen im Gefüge des Geschlechterverhältnisse. Frauen hatten die Arbeitsplätze der Männer übernommen. Diese  – als Helden in den Krieg gezogen  – kamen erschöpft, verstört, verwundet und invalid zurück. Ihre Männlichkeit hatte Schaden genommen am männlichen Phänomen Krieg. Und zusätzlich trug die Betreuung und Versorgung invalider Soldaten tendenziell zu deren Entmännlichung und Infantilisierung bei. Das Mitleid, das dem Opfer zustand, konterkarierte die Bewunderung, die dem aus dem Krieg heimgekehrten Helden der Vorstellung nach gebührte. Dass die Geschlechterrollen infolge von Kriegen infrage gestellt werden, ist viel- fach untersuchtes Faktum. Karin Hausen hat darauf hingewiesen, dass das massen- 20 Die Frauen der Kriegsbeschädigten sind bislang noch kaum in den Blick gerückt. Eine Ausnahme bildet Jessica Meyer, „Not Septimus Now“ : Wives of disabled veterans and cultural memory of the First World War in Britain, in : Women’s History Review, 13 (2004) 1, S.  117–138. Beispiele bringt auch Kienitz, Krieg der Invaliden.
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Die Wundes des Staates Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die Wundes des Staates
Subtitle
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Authors
Verena Pawlowsky
Harald Wendelin
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2015
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79598-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
586
Categories
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