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34 Einleitung
Nachfolgestaaten der Habsburgermonarchie und rücken den hier besonders komplizier-
ten Umgang mit Kriegsbeschädigten ins Zentrum. Die Tschechoslowakei und Polen
standen vor dem Problem, Soldaten versorgen zu müssen, die gegeneinander gekämpft
hatten, und privilegierten in den angebotenen Gratifikationen durchaus jene, die inner-
halb der jungen nationalen Formationen gegen die Habsburger Armee gekämpft hatten.
Studien zu den nicht-deutschsprachigen Nachfolgestaaten der Habsburgermonarchie
offenbaren aber auch vielfältige Parallelen, wie sie zwischen Österreich und den westeu-
ropäischen Staaten nicht gegeben sind.
Spätestens seit den 1990er-Jahren ist der Forschungsstand zum Thema jedenfalls
nicht mehr ganz so dürftig, wie das Christoph Sachße und Florian Tennstedt noch
1980 konstatiert71 – aber auch noch andere nach ihnen bemängelt72 – haben. Die ge-
genständliche Studie kann mit Profit auf einige Vorarbeiten zurückgreifen.
1.1.7 Quellen
Grundsätzlich ist die Quellenlage zum Thema sehr gut. Den größten Teil der Über-
lieferung bilden zentralstaatliche Dokumente der k. k. Ministerien, Staatsämter und
Bundesministerien, die – zum Teil noch völlig unaufgearbeitet – im Österreichischen
Staatsarchiv liegen. Zentraler Bestand für diese Studie waren die Akten der für die
Kriegsbeschädigtenfürsorge jeweils zuständigen Sektion des Sozialministeriums.73 Der
Plan, auch einen Teil jener individuellen Anträge auf Leistungen der Kriegsopferver-
sorgung in die Studie miteinzubeziehen, die sich im selben Archiv erhalten haben,
Quantifizierungen vorzunehmen und dadurch vor allem die Vollzugspraxis zu ent-
schlüsseln, musste jedoch schon sehr bald wieder fallengelassen werden. Der Zugang
zu diesen Akten ist bedeutend schwieriger, ja geradezu unmöglich. Der Bestand wurde
bislang noch nicht systematisch erfasst : Etwa 177.000 an die Landesinvalidenämter
Wien/Niederösterreich/Burgenland, Steiermark und Tirol/Vorarlberg gerichtete An-
träge74 von Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen liegen vollkommen unge-
ordnet, ohne Namenskartei, ja sogar ohne Signatur im Österreichischen Staatsarchiv.
71 Christoph Sachße/Florian Tennstedt, Geschichte der Armenfürsorge in Deutschland, Bd. 2 : Fürsorge
und Wohlfahrtspflege 1871–1929, Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1980, S. 89, FN 105.
72 David A. Gerber, Introduction : Finding Disabled Veterans in History, in : Gerber, Disabled Veterans, S.
1–51,
hier S. 1 ; Sandner/Manoschek, Die Krieger als Opfer, S. 114 ; Hudemann, Kriegsopferpolitik, S. 270.
73 Zu diesen und den übrigen zentralstaatlichen Quellen siehe die detaillierten Angaben im Quellenver-
zeichnis (Anhang). Die Agenden der Kriegsbeschädigtenfürsorge lagen bis 1925 bei den Abteilungen 5,
6, 7 und 8 der Sektion II, bis 1936 bei den Abteilungen 6 und 7 derselben Sektion und bis 1938 bei der
Abteilung 1 der Sektion I.
74 Es handelt sich um eine Schätzung ; der Bestand ist in ungefähr 190 (nicht nummerierten) Kartons und
etwa 3.620 Faszikeln abgelegt.
Die Wundes des Staates
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Wundes des Staates
- Subtitle
- Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
- Authors
- Verena Pawlowsky
- Harald Wendelin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79598-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Nach 1918