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Nach 1918
Die Wundes des Staates - Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
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44 Einleitung diesen Aspekt betont Karin Hausen am Beispiel Deutschland  – im und unmittelbar nach dem Krieg den Gefallenen vorbehalten gewesen sein. Er war für Kriegsbeschä- digte und Kriegshinterbliebene möglicherweise ungeeignet erschienen, „solange al- lein der toten ‚Helden‘ als Opfer gedacht wurde“.110 Interessanterweise funktionierte dieses Gedenken nach Kriegsende selbst bei den ehemaligen Mittelmächten, also den Kriegsverlierern, über die Gleichsetzung von Held und Opfer. Österreich, das anders als das Deutsche Reich auch noch auf den Großteil seines ursprünglichen Territori- ums verzichten musste, war dabei ein doppelter Verlierer. Opfer als Helden zu sehen, dürfte unter diesen Umständen sogar ganz besonderer mentaler Anstrengungen und Verschiebungen bedurft haben. Tatsächlich waren „Kriegshelden“  – wie René Schil- ling nachweist  – schon im 19. Jahrhundert in erster Linie „Opferhelden“ gewesen, also Soldaten, die ihr Leben im Kampf ließen. Seit den Napoleonischen Kriegen war die Stilisierung des Sterbens auf dem Schlachtfeld zum „Heldentod“ jener Tri- but, der den einfachen Soldaten auf symbolischer Ebene für ihren Einsatz gezollt wurde. Die Genesis des „Heldentodes“ war also eng mit der Wehrpflicht verbunden. Kriegsheld zu werden, das war  – besonders im Ersten Weltkrieg  – nicht mehr allein dem Feldherren vorbehalten, der durch besondere militärische Leistung hervorstach. Kriegsheld konnte nun jeder wehrpflichtige Bürger werden  – dieser jedoch nur, indem er sein Leben opferte.111 Dass ein enger Versorgungszusammenhang zwischen Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen bestand und es sich im Laufe der Zeit als praktischer heraus- stellte, einen Begriff statt zweier Begriffe zu verwenden, ist eine recht formale Be- gründung für die hier skizzierten terminologischen Verschiebungen und erklärt diese nur teilweise. Ausschlaggebend für die Durchsetzungskraft des neuen Begriffes waren wohl andere Kriterien. Es hängt auch mit der Macht des Wortes und dem ihm inne- wohnenden Doppelsinn112 zusammen, dass sich trotz der anfänglichen Reservierung des Opferbegriffs für die Toten des Krieges etwa ein Jahrzehnt nach Kriegsende der Begriff Kriegsopfer als Sammelbezeichnung für Kriegsbeschädigte und Kriegshinter- schädigten (gegründet 1918). Er nahm 1920 auch die Hinterbliebenen in den Titel und nannte sich nun Zentralverband der Landesorganisationen der Kriegsinvaliden und Kriegshinterbliebenen Österreichs. Sein Gegenspieler, der Verband christlicher Heimkehrer, Kriegsinvalider, Kriegerwitwen und -waisen (ge- gründet 1919), wandelte seinen Namen 1924 in Reichsbund der Kriegsopfer Österreichs um und benützte damit den neuen Begriff schon im Titel ; siehe zur genauen Entwicklung der Bezeichnungen der wich- tigsten österreichischen Kriegsbeschädigtenorganisationen auch Tabelle 1 im Anhang. 110 Hausen, Die Sorge der Nation für ihre „Kriegsopfer“, S.  726. 111 René Schilling, „Kriegshelden“. Deutungsmuster heroischer Männlichkeit in Deutschland 1813–1945, Paderborn-München-Wien-Zürich 2002, S.  22–27. 112 Im Englischen ist diese Unterscheidung eindeutiger, es gibt mit „sacrifice“ und „victim“ für die beiden Bedeutungen verschiedene Worte ; ebd., S.  26, FN 33.
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Die Wundes des Staates Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die Wundes des Staates
Subtitle
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Authors
Verena Pawlowsky
Harald Wendelin
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2015
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79598-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
586
Categories
Geschichte Nach 1918
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