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Nach 1918
Die Wundes des Staates - Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
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54 Die Gesetzgebung der Monarchie festhalten, dass der Zusammenhang zwischen der Einführung der allgemeinen Wehr- pflicht und einer Organisation der Militärinvalidenversorgung von Anfang an gesehen wurde, dass aber eine konkrete inhaltliche Lösung dieser Frage noch nicht in Sicht war. Jene Bestimmung, die den Beginn einer gesetzlich geregelten Invalidenversorgung bildet, ist das Ende des Jahres 1875 publizierte Militärversorgungsgesetz.8 Dieses al- lerdings war seinem Wesen nach vor allem ein Pensionsgesetz und ganz eindeutig auf ein Berufsheer ausgerichtet ; es reflektierte die sieben Jahre zuvor eingeführte allge- meine Wehrpflicht in keiner Weise.9 Jenseits der Pensionsansprüche, die frühestens nach zehn Jahren und nur für Offiziere schlagend wurden, waren an Versorgungsleis- tungen im Fall einer Verletzung vorgesehen : die Zuerkennung einer bleibenden oder befristeten Invalidenpension, die Aufnahme in ein Militär-Invalidenhaus, Letzteres allerdings nur unter ganz bestimmten Bedingungen,10 sowie die Gewährung einer Verwundungszulage,11 die als einzige Leistung von Dienstzeit und Dienstgrad völlig unabhängig war.12 Im Rahmen der Debatte im Abgeordnetenhaus des Reichsrates vor der Beschlussfassung des Militärversorgungsgesetzes spielte das Thema der Inva- lidenversorgung im Kriegsfall überhaupt keine Rolle. Dem Gesetzgeber war offenbar gar nicht in den Sinn gekommen, dass ein künftiger Krieg unter den Bedingungen der allgemeinen Wehrpflicht massive Auswirkungen auf die Opfer- und damit auch auf die Verwundetenzahlen haben könnte.13 Mit Ausnahme der Verwundungszulage, deren Höhe sich einzig nach einem äu- ßerst grob gestaffelter Katalog von Verletzungen bestimmte,14 basierte das Gesetz im 8 RGBl 1875/158. 9 Damit bildete es lediglich die Fortsetzung einer Entwicklung, die bereits im 17. oder spätestens im 18. Jahrhundert begonnen hatte. Die Altersversorgungen von Militärs und Staatsbeamten stellen die frühesten staatlichen Ansätze der Einrichtung eines Pensionssystems dar. Das „Pensions-Normale“ für die Beamten der Monarchie aus dem Jahr 1781 etwa ist das erste zusammenfassende Pensionsgesetz des deutschen Sprachraums ; siehe Josef Ehmer, Sozialgeschichte des Alters (= Neue Historische Bibliothek, edition suhrkamp NF 541), Frankfurt/M. 1990, S.  40f. 10 RGBl 1875/158, § 70. Anspruch auf Aufnahme in ein Militärinvalidenhaus hatten nur jene ehemaligen Soldaten, die entweder wenigstens 30 Jahre im Militär dienten oder aber auf beiden Augen erblindet oder infolge der Schwere ihrer Verletzungen Pflegefälle waren, dabei war es unerheblich, ob ihr Gebre- chen körperlicher oder geistiger Natur war ; ebd., § 99. 11 Ebd., §§ 90–98. 12 Ebd., § 91 : „Die Verwundungszulage ist von der Invalidenpension ganz unabhängig und wird, ohne Rücksicht auf Dienstzeit und Charge, nur nach dem Grade der erlittenen Verwundung bemessen.“ 13 Skurrilerweise befassten sich Redner in der Generaldebatte vor der Beschlussfassung des Gesetzes im Abgeordnetenhaus über weite Strecken mit der Frage, ob nicht künftig auch Hauptmänner ein Recht auf ein eigenes Pferd haben sollten, da damit gesichert sei, dass diese länger Dienst tun könnten, als wenn sie zu Fuß unterwegs wären ; Sten. Prot. AH RR, VIII. Session, 65. Sitzung v. 22.10.1874, S.  2414ff. 14 Das Gesetz nannte drei Kategorien : a) „verwundet oder schwer beschädigt“, b) Verlust einer Gliedmaße
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Die Wundes des Staates Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die Wundes des Staates
Subtitle
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Authors
Verena Pawlowsky
Harald Wendelin
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2015
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79598-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
586
Categories
Geschichte Nach 1918
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