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Nach 1918
Die Wundes des Staates - Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
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56 Die Gesetzgebung der Monarchie Das Militärversorgungsgesetz ließ also in keiner Weise erkennen, dass sieben Jahre vor seiner Beschlussfassung die allgemeine Wehrpflicht eingeführt worden war. Erforder- liche Dienstzeiten von zehn oder gar 18 Jahren als Voraussetzung für Ansprüche stell- ten nach wie vor ganz klar auf ein Berufsheer ab. Dennoch bildete dieses Gesetz die Grundlage zur Versorgung des seit 1868 wenigstens theoretisch bestehenden Volks- heeres. Einerseits war es leitendes Prinzip des Gesetzes, eine klare Unterscheidung zwischen militärischer Untauglichkeit und dem Verlust der bürgerlichen Erwerbsfä- higkeit zu treffen, andererseits aber wurde die Einbuße an körperlicher Integrität nicht als solche, sondern nur in Abhängigkeit von der Dauer des Militärdienstes entschädigt. Die Höhe der zuerkannten Pensionen richtete sich darüber hinaus ausschließlich nach dem Dienstgrad. Der viel entscheidendere Maßstab für Wehrpflichtige hingegen, das Erwerbseinkommen vor Antritt des Militärdienstes, war nicht maßgeblich. Wie „unorganisch“ die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in das Staatskon- zept der österreichisch-ungarischen Monarchie implementiert worden war, macht  – nebenbei bemerkt  – auch die Tatsache deutlich, dass deren Einführung nicht mit einer Ausweitung der politischen Partizipation  – wenigstens der männlichen Staatsbürger  – einherging : Das allgemeine Männerwahlrecht wurde in Österreich erst im Jahr 1907 eingeführt. Dass hier eine Diskrepanz zwischen Pflichten und Rechten herrschte, fiel bereits Zeitgenossen auf.19 2.2 Späte Berücksichtigung der Angehörigen In der Rückschau mag es bemerkenswert erscheinen, dass das Militärversorgungsge- setz die Angehörigen von invaliden bzw. die Hinterbliebenen von gefallenen Soldaten überhaupt nicht mitdachte. Es gab auch keinerlei Regelungen, die die Frage behandelt hätten, wie im Falle einer Einberufung eines Wehrpflichtigen mit allenfalls von des- sen Einkommen abhängigen Angehörigen umzugehen sei. Dies kann als ein weiteres Indiz dafür gewertet werden, dass die allgemeine Wehrpflicht bis zum Ersten Welt- krieg ein äußerst theoretisches Konstrukt blieb, dessen konkrete Folgen vorab nicht entlassen worden war, sich jenes Gebrechen, das zu seiner Ausmusterung geführt hatte, aber im Verlauf der folgenden fünf Jahre soweit verschlimmert hatte, dass nun auch die bürgerliche Erwerbsfähigkeit verloren gegangen war ; ebd., § 75. 19 Siehe Christa Hämmerle, Die k.(u.)k. Armee als „Schule des Volkes“ ? Zur Geschichte der Allgemeinen Wehrpflicht in der multinationalen Habsburgermonarchie (1866–1914/18), in : Christian Jansen (Hg.), Der Bürger als Soldat. Die Militarisierung europäischer Gesellschaften im langen 19. Jahrhundert : ein internationaler Vergleich (= Frieden und Krieg. Beiträge zur Historischen Friedensforschung 3), Essen 2004, S.  175–213, hier S.  196 ; Hämmerle weist auch auf den in den meisten europäischen Staaten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestehenden Zusammenhang von Nationsbildung und Wehrpflicht hin  – einen Zusammenhang, der in der Doppelmonarchie nicht gegeben war.
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Die Wundes des Staates Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die Wundes des Staates
Subtitle
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Authors
Verena Pawlowsky
Harald Wendelin
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2015
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79598-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
586
Categories
Geschichte Nach 1918
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