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Nach 1918
Die Wundes des Staates - Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
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63Der normative Rahmen der Kriegsbeschädigtenversorgung während des Krieges gungsgesetz ausgearbeitet worden, zu einem Abschluss der Verhandlungen sei es aber wegen des Kriegsausbruchs nicht mehr gekommen. In einer Passage der Anfragebe- antwortung umreißt der Minister das Problem der Militärversorgung  – die sich im Laufe des Krieges mehr und mehr zu einer Invalidenversorgung verengt hatte  – sehr realistisch : Einerseits sei die Lösung des Problems der Versorgung der Kriegsbeschä- digten zweifellos eine der dringendsten Aufgaben der Staatsverwaltung. „Andererseits aber ist diese Frage eine unserer allerschwierigsten Aufgaben, wenn eine Lösung gefunden werden soll, die sowohl befriedigend ist und den Interessenten wirklich das bringt, worauf sie zweifellos einen Anspruch haben, als auch die finanzielle Tragfähigkeit des Staates berücksichtigt und nicht bloß in utopistischer Weise für Versorgungsgenüsse vorsieht, welche in Wirklichkeit von den Staatsfinanzen auf die Dauer nicht getragen werden können.“36 Damit ist wohl das zentrale Dilemma, in dem der Staat steckte, präzise umschrieben : Die bereits mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht unausgesprochen einge- gangene Selbstverpflichtung des Staates, die lange Zeit eine bloß theoretische gewesen war, wurde im Ersten Weltkrieg infolge der tatsächlichen Inanspruchnahme der Wehr- pflichtigen erstmals schlagend, und im gleichen Moment war offensichtlich, dass das Gemeinwesen auf die Bewältigung dieser Aufgabe in keiner Weise vorbereitet war. We- der finanziell noch organisatorisch waren jene Ressourcen vorhanden, welche angesichts der Opferzahlen des Krieges notwendig gewesen wären, um das Problem zu bewältigen. Das Staatsbudget, das selbst in Friedenszeiten nicht in der Lage gewesen war, angemes- sene Entschädigung zu leisten, war dies noch viel weniger während des Krieges. 2.4.1 Provisorien und ihr Ausbau Da es aber auch nach Beginn des Krieges nicht gelang, der gesetzlichen Invalidenver- sorgung eine fundamental neue Grundlage zu geben,37 mussten bestehende Regelun- gen behelfsmäßig adaptiert werden, um überhaupt eine ansatzweise Versorgung der Kriegsbeschädigten und ihrer Angehörigen zu gewährleisten. Bis März 1917 wurde zu diesem Zweck ein schwer durchschaubares und offenbar auch kaum administrierba- 36 Ebd. Tatsächlich dürfte es schon seit etwa 1907 Versuche gegeben haben, das MVG von 1875 zu refor- mieren, allerdings scheiterten diese Ansätze am Nicht-Zustandekommen einer Einigung zwischen der österreichischen und der ungarischen Regierung. Da die Armee aber im Unterschied zu Landwehr und Honvéd eine gesamtstaatliche Einrichtung darstellte, war diese Einigung Voraussetzung für ein neues Militärversorgungsgesetz. 37 Zu den vorbereitenden Arbeiten für ein neues Militärversorgungsgesetz während des Krieges vgl. weiter unten.
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Die Wundes des Staates Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die Wundes des Staates
Subtitle
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Authors
Verena Pawlowsky
Harald Wendelin
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2015
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79598-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
586
Categories
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