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Nach 1918
Die Wundes des Staates - Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
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121Exkurs : Schulung in der Invalidenstadt und die Einhaltung der Termine überwacht wurde. Diese genaue Erfassung und Ver- waltung der Kriegsbeschädigten war notwendig, denn : „Das große Krankenmaterial war nur so wirklich zu übersehen, zu sichten und durchgreifend zu behandeln“.43 Und die „durchgreifende Behandlung“ mit dem Ziel der möglichst vollständigen Heilung war der erklärte Zweck der Organisation mit ihren unübersehbaren Anklängen an ein großes Industrieunternehmen. Die Fälle verteilten sich relativ gleichmäßig auf die drei Krankheitstypen Verstei- fungen, Lähmungen und Amputationen. Dieser Klassifikation entsprechend, wurden die Patienten auch räumlich aufgeteilt, zunächst im Stammhaus und danach  – wenn sie soweit genesen waren, dass sie den Invalidenschulen übergeben werden konnten  – in der Barackenstadt, wo sie „genau geschieden nach ihrer Verletzung“44 in getrennten Barackenbezirken untergebracht waren. Hier in der Invalidenstadt erfolgte dann die Arbeitszuteilung. In den Werkstätten wurden die Kriegsbeschädigten von Werkmeistern in insgesamt 38 Gewerben geschult, auf dem angeschlossenen Versuchsfeld im Gebrauch landwirtschaftlicher Geräte un- terwiesen, in Lehrgängen theoretisch unterrichtet, häufig in Fächern der Bürgerschule, damit ihnen nicht von Vornherein der Zugang zu Stellen in öffentlichen Ämtern ver- baut war.45 Unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit wurde nicht geduldet ; „Kon- trolluhren“ garantierten eine „streng fabrikmäßige Überwachung“46 der Arbeitenden ; eine symbolische Entlohnung und ein Prämiensystem mit Belobigungen47 dienten als zusätzlicher Arbeitsanreiz. Jede Werkstätte hatte das Ausmaß eines mittleren Gewer- bebetriebs mit etwa 30 bis 50 Mitarbeitern. Es waren  – wie Spitzy formulierte  – zu- nächst „Dorfwerkstätten“ „für die Berufe des kleinen Mannes“.48 Später kamen auch mechanisierte Betriebe hinzu. Sie dürften in erster Linie durch Spenden der Rüs- tungsindustrie ermöglicht worden sein, die in der Ausstattung von Invalidenschulen wohl ein kompensatorisches Betätigungsfeld sahen. So finanzierte zum Beispiel der größte Pulver- und Munitionsproduzent Europas, die Dynamit Nobel AG, die metall- verarbeitenden Werkstätten der Favoritener Invalidenschulen.49 43 Ebd., S.  12. 44 Ebd., S.  13f. 45 Ebd., S.  9. In den Werkstätten konnten sich die Kriegsbeschädigten zu Korbflechtern, Schuhmachern und Tischlern, zu Friseuren, Zahntechnikern oder Musikern ausbilden lassen. Besonders hervorgehoben wurden stets ein Hausmeisterkurs und ein Lehrgang für Jäger und Heger. Der Unterricht in Buchhal- tung, Stenografie und Maschinschreiben begann Anfang Februar 1915 ; Otto Frankl, Der theoretische Unterricht an der Invalidenschule, in : Spitzy, Unsere Kriegsinvaliden, S.  83–90, hier S.  83. 46 Spitzy, Arbeitstherapie, S.  16. 47 „Gedenkblätter“ im Arbeitsbuch ; Spitzy, Arbeitstherapie, S.  16. 48 Spitzy, Organisation, S.  4. 49 Pokorny, Arbeitstherapie, S.  79.
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Die Wundes des Staates Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die Wundes des Staates
Subtitle
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Authors
Verena Pawlowsky
Harald Wendelin
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2015
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79598-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
586
Categories
Geschichte Nach 1918
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