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„Mein Leib soll ohne alle Trennung, ohne
alle Verstümmelung, wider welche ich nö'thi-
genfalls das Einschreiten der Obrigkeit an-
flehe, ganz in der Stille zur Nuhe gebracht
werden, als der Leib eines Menschen, der nie
gesucht hat, Aufsehen zu machen." lDiese
Bestimmung scheint aus Besorgniß, daß Dr.
Ga l l sich des Schädels des Dichters bemäch-
tigte, festgefetzt worden zu sein.) Auch stiftete
Denis eine jährliche Seelenmesse, die auf
ewig an seinem Geburtstage (den 27. Sept.)
in der Pfarrkirche zu Hütteldorf gelesen wer^
den sollte. — Grabschrift. Denis liegt
auf dem Friedhofe in Hütteldorf, 2 Stunden
von Wien, mit der Westbahn eine halbe
Stunde — hart an der Bahn gelegen, be-
graben. Die von ihm selbst verfertigte Grab-
schrift lautet: Hie . tuinuium . ovtavit . >
2lied2.e1 . Oenig . > ox5tinot3>6 . 8. 5. sacsr.
äos I ». . oou5i1 . et . Vibliollisog. . ^033. >
uaws . 8otl^äiuFÄ5 . NVCOXXIX > odiit.
Visums . UVOoc!. ! — Grabgesänge.
„Sineds Tod. Von C. Anton v. Grub er"
(Wien 1800,4°.). Eine sapphische Ode in neun
Strophen und eine Lapidarinschrift. — „Auf
Denis' Tod. Gesungen von Lorenz Leopold
Haschka, im October 1800" (8".). Eine Ode
in zwölf Strophen. — Außerdem besangen
Kreisch mann in Zittau, Weiße in Leip-
zig u. A. seinen Tod.
V. Poetische Charakteristik- und D.'s Stellung
als Poet zu seiner Zeit und zu Oesterreich.
Gerv inus in seiner Geschichte der deutschen
Dichtung IV. Bd. S. 203 schreibt: „Unver-
kennbar ist in Michael Denis derselbe Hu-
manismus wie in Joseph und die gleiche
Ehrbegierde und Eifersucht gegen Preußen,
und wie Joseph dem Friedrich, so beut
Denis die Freundeshand dem Gle im und
Klop stock, die den Feind seines Landes be-
sangen oder eines andern Glaubens waren.
Bei Denis sind die Bardengesänge auf
Mar ia Theresia, auf Joseph und andere
ausgezeichnete Persönlichkeiten in Oesterreich
mehr Gemüthssache und von Empfindungen
voll; der Barde streitet sich in ihm mit dem
Poeten, die Natur mit dem Kunstdichter,
doch herrscht in diesem Theile seiner Gedichte
Horaz vor." —Ueber die Uebersetzung
des Ossi an ebenda S. 208: „Weit besser
(alsKlopstock und Kretschmann) griffen
es die Denis und Gerstenberg an, die
nordische Dichtungen übersetzten und sich in
den Ton der Skaldenpoesie zu versenken
suchten und dies zum ersten Erforderniß eines
Barden machten. Denis übersetzte (1768)
den Ossian in Hexametern, erst 1772 erschienen
seine „Lieder Sineds". Aber in ihnen war nichts Episches mehr, außer was übersetzt
und entlehnt war. So blieb von dem ganzen
Bardengesang nichts als der musikalische Hall
übrig, und sonst war auch nichts daran, was
übrig bleiben konnte." lUeber D., den Biblio-
graphen, konnte Gervinns in einer „Ge-
schichte der deutschen Dichtung" nicht ur-
theilend — Amand Baumgarten in
seiner (schon unter Nr. I I . angeführten)
literar - geschichtlichen Biographie: Michael
Denis (Linz 1852, 4«.) zeichnet die Stel-
lung des Poeten Denis zu seiner Zeit
und zu Oesterreich treffend mit folgenden
Worten: „Eine gerechte Würdigimg der Be-
deutung, welche Denis als Dichter über-
haupt und mit feinen poetischen Bildern ins-
besondere für das neu erwachende literarische
Leben in Wien und in Oesterreich hatte, er-
gibt sich nur aus einem Rückblick auf „Wien
und Oesterreich, wie es damals war" und
auf die Verhältnisse vor diesem „damals."
Die Poesie war in Oesterreich zwar niemals
ganz ausgeftorben; war auch dies Land im
15. und 16. Jahrhundert an Dichtern in
deutscher Sprache arm gewesen, so zeigte sich
doch im 17., wie überhaupt in Deutschland,
so auch in Oesterreich, mehr Liebe zur deut-
schen Sprache und Poesie, und die Negifter
der in jener Zeit gestifteten deutschen Sprach-
gcsellschaften weisen nicht selten auch Oefter-
reicher auf. So zählte die fruchtbringende
Gesellschaft oder der Palmenorden unter dem
Namen des Kühnen Gottlieb Grafen von
Windischgräz, unter dem des Sinnreichen
Wolf Helmhard, Freiherrn von Hohen-
berg, unter seinen Gliedern. Der Letztge-
nannte dichtete nebst vielen andern den
„Habsburgischen Ottobert", ein großes Hel-
dengedicht in 36 Büchern, in welchen er die
Thaten Rudolphs von Habsburg feierte.
Die Nachrichten des Blumenordens über seine
Mitglieder nennen unter andern den Qester-
reicher Rüdiger GüntherGrafenv.S tarh em-
b erg, die Böhmen Sigmund v. Birken und
Heinrich Grafen von Thurn :c. :c. Aber
von Hohenbergs „Ottobert" an, der im
Jahre 1664 erschien, trat in der deutschen
Poesie Oesterreichs eine fast völlige Paufe
ein. Das erste bedeutende Gedicht nach jenem
fällt in das Jahr 1746, und ist ein Ehren-
gedicht auf Mar ia Theresia in i2Bü'chern;
es führte den Titel die Theresiade, und hatte
einen gewissen Franz Christoph vonScheib
zum Verfasser. Das deutsche Ausland glaubte
sogar, so tief war vor dem Erscheinen der
Theresiade die poetische Stille gewesen, Scheib
sei der erste Oesterreicher, der in deutscher
Sprache gedichtet habe. Der ersten Regung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Coremans-Eger, Volume 3
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Coremans-Eger
- Volume
- 3
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1858
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 456
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon