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läö Haynau
annahm. Bernhardt unterrichtete den-
selben in Geschichte, Geographie, Mathe-
matik, der deutschen und lateinischen
Sprache, worin er bald Fortschritte
macbte. Seine Gespielen waren einige
Bauernbuben und sein Bruder Mor iz,
der gemeinschaftlich mit ihm in Otterau
erzogen wurde. Zu Ostern 4800 wurde
er confirmirt. Sein Wunsch, Soldat zu
werden, entsprach der Neigung seines
Vaters. Die beiden Brüder kamen nach
Marburg. Sie wurden dort unter die
Leitung eines Lehrers gestellt, der ihre
Sitten und Studien zu überwachen hatte.
Haynau war damals noch ganz in der
Weise gekleidet, wie wir sie aus der Wer-
th er'schen Zeit kennen. Bekanntlich hielt
der Landgraf viel auf einen schönenZopf<
Der junge H. hatte eine stark gepuderte
Frisur mit Locken an den Schläfen, einen
dicken Zopf, trug einen blauen Frack und
Weste, weiße lederne Beinkleider und
hohe Reiterstiefel. Seine Studien wurden
jedoch schon 4801 unterbrochen. Nach der
Sitte der Zeit kamen die jungen Edelleute
sehr früh in's Glied. Kaiser Franz ver»
lieh dem Landgrafen für seinen Sohn eine
Lieutenantscharge bei dem Infanterie-
Regimente Vrechainville. H. traf sein
Regiment in Pisek. Gr widmete sich mit
Eifer seinen Berufspftichten und der Gi>
lernuug des Dienstes; er wurde bald ein
tüchtiger Officier. Der erste Feldzug, den
H. mitmachte, war jener von 48055, der
mit der Katastrophe von Ulm und Auster»
litz endigte. Er zeichnete sich durcb Muth
und Entschlossenheit aus, fiel jedoch bei
Ulm in Gefangenschaft. Bei dem Trans»
porte verschaffte ihm die Kenntniß der
französischen Sprache ein Gespräcb mit
Napoleon, das tiefen Eindruck auf ihn
machte. H. kam Anfangs nach Auxerre,
dann nach Paris, und kehrte nach dem
Frieden zu seinem Regiments zurück. Der Kaiser ernannte ihn, obwohl noch nicht
20 Jahre alt. zum Capitän-Lieutenant
bei dem Regimente Argenteau. Noch
vor Ausbruch des Krieges von 4809
wurde er Hauptmann. Er focht in den
meisten Schlachten jenes blutigen Krieges,
den Oesterreich allein gegen den franzö«
fischen Coloß bestand. Er erhielt eine
schwere Wunde in der Brust, an der er
mehrere Jahre litt. I n Folge der bedeu«
tenden Armeereduction von 4840 kam er
zum Regimente Vogelsang. 4842, als
Oesterreich der großen Coalition von
Preußen und Rußland beitrat und jener
Krieg begann, deffen Tage voll Begeiste-
rung, Glück und Sieg nimmer vergessen
werden, wurde H. zum Major ernannt.
Er führte einBataillon bei dersogenann«
ten deutschen Legion in der italienischen
Armee und nahm an vielen Gefechten des
Feldzuges Theil. Sein Name wurde in
mehreren Armeebefehlen mit Auszeichnung
genannt. Nach dem ersten Pariser Frieden
kam H. von Bologna nach Königgrätz in
Böhmen. Im Feldzuge nach Napo«
leon's Rückkehr von Elba war H.'s Ba>
taillon der Rheinarmee und zwar dem
Corps des Feldzeugmeister Graf Collo-
redo zugetheilt. Haynau's Brigadier
war General Scheiter, ein tapferer
Soldat, aber heftigen Charakters. Bei
dem Marsche gegen Besauen wurden
mehrere Huszaren einer Patrouille in einem
Dorfe grausam verstümmelt und getödtet.
Scheiter gab den Befehl, den Ort zu
umzingeln und anzuzünden. Haynau
ging zn Scheiter, überlieferte zwei
Männer, welche die Bevölkerung als die
Schuldigen bezeichnete, und bat ihn, die
Unschuldigen zu schonen. Scheiter
drohte ihm mit dem Kriegsgerichte; aber
H. beharrte auf seiner Weigerung, bis der
General den Befehl zurücknahm. Bei dem
Weitermarsche ließ H. 200 gefangene
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Volume 8
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Hartmann-Heyser
- Volume
- 8
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1862
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon