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Herbert 388 Herbert
enthalten, bot bei seiner Ausführung
nicht geringe Schwierigkeiten; 3) die
Anerkennung der türkischen Unterthanen,
die sich in die kaiserlichen Staaten geflüch-
tet hatten, als kaiserliche; 4) die Anwen-
dung des Handlungsseneds auf alle tür-
kischen Provinzen ohne Ausnahme; 3)
den Schuh der katholischen Religion ohne
Unterschied der Nationen; 6) die Zurück-
stellung von Orsowa; 7) die Abtretung
des Districtes an der Unna. Seine diplo-
matische Stellung benutzte H. insbeson>
dere auch dazu, seine Untergebenen für
den Gesandtschaftsdienst im Orient, der
von jenem in anderen Ländern stark
unterschieden ist. auszubilden. Der in der
orientalischen Akademie zu Wien begon-
nene Sprachunterricht mußte erst in Con-
stantinopel beendet werden. Die zum
Dolmetschdienst ausgewählten Zöglinge
gab er zu Armeniern in die Kost, unter-
sagte ihnen jede andere Tracht, als die
orientalische und förderte durch Einsam-
keit und unmittelbare Berührung mit
Orientalen ihre praktischen Kenntnisse
im Verkehr mit denselben. Auch ließ er
sich namentlich die Besetzung der levan«
tischen Consulate angelegen sein, bestät-
tigte nach dem Sistower Frieden die alten
und ernannte neue; seit Herbert's Zeit
besorgen kaiserliche Consuln die Geschäfte
des österreichischen Handels und der
Schiffahrt in Syrien und Egypten. So
wie die erste Hälfte seiner diplomatischen
Thätigkeit in Conftantinopel ruhig vor>
übergegangen war, so bewegt war die
zweite, in welche der Ausbruch der fran»
zösischen Revolution, die Theilung Polens,
der in den Niederlanden, in Deutschland
und Italien auflodernde Krieg sielen,
und welche Ereignisse nW ohne poli-
tischen Einfluß auf die Türkei bleiben'
konnten. Aber Herbert entwickelte die
rastloseste Thätigkeit und behauptete aus die Minister der coalisirten Mächte einen
so mächtigen Einfluß, daß man ihn im
Rathe derselben füglich die Seele nennen
konnte. Als nach dem Friedensschlüsse
von Campo Formio der Handlungs« und
Barbareskensened nunmehr auch auf die
neuerworbenen venetianischen Staaten
ausgedehnt werden sollte, hatte H. schwie«
rige und verdrießliche Verhandlungen zu
bestehen, denn die Barbaresken, fuhren
fort, alle ehemals venetianischen, jetzt
unter kaiserlicher Flagge segelnden Schiffe
wegzunehmen. Drei Jahre dauerten die
Verhandlungen, weil die Pforte ihre
Verbindlichkeit auch auf die nach dem
Sistower Traktat erworbenen Provinzen
auszudehnen hartnäckig verweigerte; aber
endlich gelang es H. für den bisher
zugefügten Schaden ein Pauschquantum
als Vergütung und noch mehr, für die
Zukunft die Sicherstellung aller kaiser-
licken Schiffe ohne Ausnahme von der
Pforte gewährleistet zu erhalten. Dieß
war das letzte namhafte Ergebniß der
rastlosen Thätigkeit Herbert's. Indem
er noch taxfrei zum geheimen Rath
ernannt worden, entriß ihn bald darauf
— im Alter von 68 Jahren — der
Tod dem Staate, dem er als einer der
geistvollsten Staatsmänner mit seltenem
Erfolge in schwerer Zeit gedient hatte.
Früher schon — im Jahre 1779 — war
er zugleich mit seinem dritten Bruder
Johann, der als Major in der kais.
Armee diente, in den Freiherrnstand
erhoben worden. Im genannten Jahre
vermalte er sich auch mit Fräulein von
Collenbach, aus welcher Ehe ihm
die Tochter Constanze geboren wurde.
Diese vermalte sich 1798 mit Sir Spen»
cer Smith, bevollmächtigten Minister
Englands bei der Pforte und Bruder
des berühmten Sir Sidney Smith,
der die französische Flotte zu Toulon
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Volume 8
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Hartmann-Heyser
- Volume
- 8
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1862
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon