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vollendeten Prachtausgabe der Korre-
spondenz des Königs abgedruckt stehen.
Vom Jahre 4763 erhielt Hoditz fast
jährlich Einladungen nach Berlin, aber
erst 1776, nachdem alle seine Hilfsquellen
bereits erschöpft waren, nahm der Graf
die ihm von seinem fürstlichen Mäcen an-
gebotene bedeutende Pension an und
übersiedelte, schon 70jährig, nach Berlin,
um in der Nähe seines geliebten Königs
zu sterben. Aber früher noch hatte er im
Garten von Roßwald eine Büste des
Königs in Erzguß (das erste dem großen
Preußenkönige errichtete Denkmal) auf.
stellen lassen, welche die Inschrift aus
Ariosto's Orlanäo kurioso trug: „^a-
tura il lsos 6 poi rupps la, stainpa".
Der briefliche Verkehr zwischen dem
Könige und dem Grafen ist im hohen
Grade interessant. Der Graf schickte dem
Könige öfter Bücher und vergaß bei
diesen Sendungen die deutschen und auch
österreichischen Autoren nicht; so war es
Hoditz, der dem Könige des Grafen
Lamberg: „^Ismorial ä'un tnonHain."
übersandte, ein andermal machte er den
der deutschen Literatur ziemlich abträglich
gestimmten König auf die dramatischen
Dichtungen unseres Ayrenhoff M . I,
S. 98^> aufmerksam. Der König wieder
seinerseits zeichnete seinen graflichen
Freund aus wie und wann er konnte.
Eine der Melodien, die ihm in Roßwald
besonders gefallen, wurde in einen mili>
täuschen Marsch umcomponirt, welcher
sich noch lange Jahre nach Beider Tode
in der preußischen Armee unter dem
Namen „Hoditzmarsch" erhalten hat;
die Oeuvres xoktiyuss Friedrich's I I .
enthalten zwei poetische Episteln an den
Grafen aus den Jahren 1771 und 1774
und jetzt noch heißt die frühere Jäger«
straße zu Potsdam, in welcher Graf
Hoditz die letzten zwei Jahre seines Lebens gewohnt, die Hoditzstraße. Das
innige, freundschaftliche Verhältniß, wel>
ches zwischen dem königlichen und graf.
lichen Greise statthatte, ist mit allen
seinen gemüthlichen und geistvollen Aus«
laufen und Reflexen in den in den Quellen
bezeichneten Schriften (vornehmlich „Neue
Zeit" und „OesterreichischeZeitung") aus-
führlich geschildert. Wenn aus dem bis»
her Mitgetheilten erhellet, daß die Bezeich-
nung des „mahrischen Epikuräers",
welchen Namen der König dem Grafen
verliehen hatte, eine treffende war, so
können des Grafen nicht unerhebliche
Verdienste um Förderung der Künste
nach allen ihren Richtungen nicht ver.
schwiegen werden. Nicht bloß materielles
Princip eines bis auf das Höchste gestei»
gerten Wohllebens war es, was Graf H.
bei scinen Schöpfungen in Roßwald im
Auge hatte, einen höheren geistigen und
gebildeten Verkehr, einen edleren geselligen
Umgang strebte er an, das kleine Roß»
wald mit seinen engen Grenzen sollte ihm
die große Welt ersetzen. Zu diesem Ende
ließ er eine große Anzahl Musiker,
Schauspieler, Tänzer und Sänger eigens
ausbilden, und eS ist eine Thatsache, daß
Viele von diesen Leuten später, als die
Feste in Roßwald verfielen, ihr Glück in
der weiten Welt machten mit den auf des
Grafen Kosten und Veranlassung erwor»
benen Kenntnissen. Dabei wurden die
Feste durch die dazu nöthigen Arbeiten
in den verschiedenen Gebieten der Kunst
und Gewerbe eine reiche Quelle des
Wohlstandes, die selbst dann noch stoß,
nachdem Roßwald aufgehört hatte der
Mittelpunct jener Feste zu werden, von
denen man sich damals in ganz Europa
erzählte und welche noch in der Gegen»
wart als eine der interessantesten cultur«
historischen Erinnerungen einer vorüber«
gegangenen Epoche fortleben. — Des
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hibler-Hysel, Volume 9
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Hibler-Hysel
- Volume
- 9
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1863
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 518
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon