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sondern auch die Charakterstücke zeichnen sich
durch einen raschen Gang der Handlung. lch<
tere wenigstens der psychischen Handlung, aus.
Sein Situationsgewebe. immer interessant
und spannend, hat die strengste Wahrschein«
lichkeit; seine Charaktere sind scharf und con-
sequent gezeichnet und durchgeführt, der höchst
»vitzige SMäsi. der lebenslustige Möricz (im
„Mädchenhüter"), der aus Humor zusammen»
gesetzte Hofnarr des Königs (in „Der Treue
Probe"), der Planmacher Lomday (in den
„Täuschungen") sind ohne Zweifel Gebilde
ersten Ranges, doch neben dicsen noch welche
Fülle trefflicher Charaktere und welche Man»
nigfaltigkeit. In der Kunst des Dialogs ist
er unendlich gewandt; selbst wo es ihm ge»
fällt, seiner Satire, seinem Witz in Reflexionen,
Sarkasmen, Vergleichen, Bonmots Lauf zu
lassen, geschieht dieß mit Blitzesschnelle, ohne
Schaden des dramatischen Vortrages. Manche
werfen ihm den Manqel an Nationalität vor.
Dieser Vorwurf ist einerseits unbegründet und
beruht andererseits in den veränderten Ver»
Hältnissen der Gesellschaft, da in den gebilde«
Kren Cirkeln keine nationalen Eigenthümlich»
keiten mehr bestehen. Kisfaludy verdient
den Namen unseres gewandtesten und wirklich
vorzüglichen Bühnendichters. Aber auch sonst
als Dichter leistete er Bedeutendes; seine
Elegien, Lieder, Romanzen und Epigramme,
epischen und didaktischen, satyrischen und
allegorischen Gedichte, seine Novellen und
komischen Erzählungen, jedes in seiner Gattung,
geHort zum Trefflichsten der unarischen Iitera»
tur. Als lyrischer Dichter gemüthlich, als
philosophischer tief, überall reich an Bildern,
als Satyriker witzig und treffend, ist er in
seinen objectiven Darstellungen ein gewandter
Charaktcrzeichner, an Situationen reich, in
Ton und Farbe von jeder Manier weit ent»
fernt. Sein Vers wird an Correctheit, Zeich»
tigkrit und Wohlklang von keinem ungrischen
Dichter übertroffen." So Toldy; Kert»
beny, ebenso in der ungarischen als deutschen
Literatur bewandert, schreibt über Kar l K.:
„Karl K. scheint mir heute noch an Talent
wie an Wirkung bedeutender, als sein Bruder,
der übervergötterte Alerand er. Er ist der
eigentliche Schöpfer eines ungarischen Theater»
repertoirs und wenn auch seine historischen
Schauspiele und Dramen uns heute anmuthcn
wie Producte Kohebue'6, so haben seine
zahlreichen Lustspiele noch immer volle Wir»
kung. si-e sind ebenso witzig als rasch und
anmnthig in dcr Entwickelung." IV. Llebcrschuugen dcr Dichtungen Karl Sissn-
llldy's in die deutsche Sprache. Im Anhanae
des „Handbuches der ungarischen Poesie I n
Verbindung mitIul. Fe ny ery herausgegeben
von Franz Toldy" (Pesth und Wien 1828.
gr. 8«.) Bd. I I , S. 450 u. f.. lyrische Gedichte:
„Die Lebensalter". „Die Macht des Blickes".
„Xenien", ein Fragment (I—IX) aus drr ro»
mantischen Dichtung. „Elte" und das vieractige
Luftspiel „Die Täuschungen", überseht von
M. u. Paziazi: — in S teinacker's „Pan.
nonia" (Leipzig 1839). lyrische Gedichte; — in
den von Adolph Bu chh e im und Oscar Falke
herausgegebenen fünf Heften „Nationalgesänge
der Magyaren" (Cassel i«30 und l83l). Ge»
dichte; — in den von Vasfi (Gisler) und
Benkö (Kertbeny) übersetzten „Ungarischen
Nationalliedern" (Braunschweig 183«), Ge»
dichte; — in Kertbrny's „Album hundert
ungrischer Dichter" (Pesth und Leipzig l854
und öfter, 12".), Gedichte; — in den von A.
Greguß übersetzten „NnMschen Volkslie.
dern" (Leipzig l«4l>, Wigand. 12<>.), mehrere
Volkslieder, und in den von Kertbeny über»
setzten „Gedichten von Alexander Pctöfi.
Nebst einem Anhange Lieder anderer ungri»
scher Dichter" (Frankfurt a. M. 1849. lit,
Anst. , l>°.), mehrere Gedichte. Von seinen
dramatischen Arbeiten sind außer dem ober»
wähnten Lustspiele „Die Täuschungen" noch
übelsetzt in Georg von G a al's „Theater der
Magyaren" (Brünn 1821. 3".) im ersten
Bande: „Die Tataren in Ungarn". „Ilka oder
die Erstürmung von Nagyfejervar", „Woj»
wode Stibor"; seldstständig erschien: „Stibor
in Trochäen von C. A. GrafFestetics" (Pesth
1823). Uebersetzt — ob auch gedruckt, weiß
Herausgeber nicht — sind noch: „Kemeny"
in Iamben von Gaal; „Die Nebellen", voni
Grafen Mai li ith; die Lustspiele: „Die Kran»
ken". „Gutherzigkeit wider Willen". „Der
Treue Probe", „Der Mädchenhüter", „Die
Täuschungen", sämmtlich übersetzt von Michael
Paziazi. Von dcn Novellen und Erzählun»
gen sind übersetzt: „Der Blutbecher", „Das
Wiedersehen", von G. v. Oaal ; „Ionas
Zämmle'ä Abenteuer" (Kaschcm 1827. O. Wi.
gand, 18".); von der dramatischen Dichtung
„Elte" ein Bruchstück in Hormayr's „Nr<
chiv für Geschichte" u. s. w., i8!7. im Sep.
temberheft. Englische Uebersetzungen einzelner
Gedichte enthält John B o wring's >I'oeli'^
ok tkL HlH^2.lü" (l.onäon 18^0, 8".).
V. Die KiüsaluÄii-Vcscllschast. Von der für daü
Monument Kar l K's gezeichneten öumme
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Károlyi-Kiwisch, Volume 11
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Károlyi-Kiwisch
- Volume
- 11
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1864
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 498
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon