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Klein t
jedoch war die Sache unbeachtet geblie«
ben. K. nahm den Gegenstand wieder auf
und einen neunjährigen, im Alter von
kaum drei Jahren erblindeten Knaben zu
sich, um ihn zu erziehen. K. war bei die-
ser sich selbst gestellten Aufgabe auch
ganz sich selbst überlassen. Denn wohl
war in Paris schon 1784 von Valentin
Hauy ein Blindeninstitut errichtet wor>
den, aber K. hatte keine Gelegenheit
gehabt, die dort befolgte Unterrichts-
methode kennen zu lernen und mußte also
sich einen eigenen Plan machen, in wel«
chem er glücklicher Weise durch die Wiß«
begierde und den Eifer seines Zöglings
wesentlich gefördert wurde. Klein hat
die Bildungsgeschichte dieses seines ersten
blinden Zöglings in anmuthiger Weise
beschrieben, seine Beobachtungen und
Entdeckungen, darunter die Vorrichtung
mit der durchstochenen Schrift mitgetheilt
und sozusagen die Möglichkeit eines syste«
marischen Blindenunterrichts nachgewie»
sen. Im Jahre 1806 nahm er einen zweiten
Zögling auf und die öffentlich mit seinen
Schützlingen vorgenommenen Prüfungen
hatten zur Folge, daß K. seit dem Jahre
1898 von Seite der Regierung und dcs
Publicums in großmüthiger Weise unter»
stützt und in den Stand gesetzt wurde,
seinem wohlthätigen Werke die ge>
wünschte Ausdehnung zu geben. Es
wurden ihm nun acht blinde Kinder auf
öffentliche Kosten in Erziehung gegeben,
ihm aber überdieß freigestellt, auch andere
blinde Kinder auf Rechnung ihrer Eltern
oder Verwandten aufzunehmen. Einzelne
Zöglinge machten ungewöhnliche Fort.
schritte; dieß und die Möglichkeit, einer
ganzen, durch solch ein Leiden schwer
heimgesuchten Menschenclaffe. die Mittel
einer angemessenen Ausbildung zu bieten,
rief an anderen Orten ähnliche Anstalten
in's Leben, welche nach dem Muster der 2 Klein
Wiener eingerichtet wurden. Klein selbst
mehrte seine Beobachtungen, wozu sich
ihm bei der größeren Anzahl Zöglinge
von mehr oder minderem Talent und
glücklichen Anlagen genug Gelegenheit
bot, vervollkommnete seine Methode,
erfand ein und das andere sinnreiche
Mittel, den eines so wichtigen Sinnes
Beraubten daS fehlende Organ zu
ersetzen. Wo solch eine Anstalt in'S Leben
trat, wendete man sich an ihn mit Fra«
gen, erbat sich von ihm die Anweisungen
über Einrichtung und Methode, und so
wurde Klein sozusagen der Begründer
des Blindenunterrichtes für Oesterreich
und ganz Deutschland. Im Jahre 1816
endlich, nach einer beinahe 14 jährigen
behördlichen Prüfung und Beobachtung,
wurde das von ihm gegründete Blinden-
institut als StaatSanstalt erklärt und er
als Director und unmittelbarer Leiter
demselben vorgesetzt. Durch eine zweck«
maßige Gebarung und Unverdroffenheit
ohne Gleichen, seiner Anstalt neue Freunde
und fördernde Gönner zu erwerben, hatte
er das Stammvermögen der Anstalt bis
zum Iahre1846, also innerhalb AOIahren
ihres öffentlichenBestandcs, auf 2l)3.617st.
C. M. gebracht, in welche Summe das
Insiitutsgebaude und die dazu gehörige
Einrichtung nicht mit einbezogen sind.
Aber noch ein Gedanke war es, der ihm
keine Nlihe ließ, nicht bloß Erziehung
und Unterricht wollte er seinen Pflege«
befohlenen verschafft haben, auch eine Zu«
fluchtsstatte nach vollendeter Ausbildung
wollte er ihnen gründen, in welcher sie
unbeirrt von der Außenwelt, die im Er«
ziehungsinstitut erlernten Fertigkeiten und
sonstigen Kenntnisse ausüben und anwen»
den konnten, und nicht in die unangenehme
Lage versetzt wurden, den nicht immer
toleranten Sehenden zur Last zu fallen.
Lo ttat über seine Anregung 1826 ein
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Klácel-Korzistka, Volume 12
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Klácel-Korzistka
- Volume
- 12
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1864
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 528
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon