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Lanner
Rede zu blitzen und donnern verstehe, so
machte Lanner die Wiener abwechselnd
lachen und weinen. Wer seine gelungensten
Tanzpartien, seine „Ungarischen" und besow
ders die „Steierischen" jemals von ihm selbst
vortragen gehört, zumal wenn ihn in vor-
gerückter Abendstunde der eigentliche Künstler«
raptus ĂĽberkam, wer jemals unmittelbarer
Zeuge davon war, welche magische Gewalt
dieser kleine, bleiche Walzertroubadour auf
seln ihm mit Leib und Seele ergebenes Audi
torium ausĂĽbte, der wird unsere Worte
keiner Uebertreibung beschuldigen. Seine l
terlassenen Werke mĂĽssen jedenfalls als die
hervorragendsten Leistungen in diesem Zweige
musikalischer Literatur betrachtet werden. Es
spricht sich in dieser gedrängten Form der
uralt deutschen Tanzweise, wie sie L. so
glĂĽcklich zu handhaben wuĂźte, ein solcher
Reichthum poetischer Ideen, ein so gesundes
Eingehen auf das innerste GefĂĽhl des Donau
länders aus, daß sie die heutige Generation
noch länger überdauern werden, als sich
vielleicht unsere musikalische Pedanterie und
Vornehmthuerei träumen läßt. Unter allen
„Schnadahüpflern", welche in Oesterreich je<
mals in Farben. Schrift und Tönen zum
Vorschein kamen und wozu wir in höherem
Sinne gewissermaĂźen sogar Raimund und
Dan hauser rechnen müssen, hat es unstrei«
tig niemand so gut verstanden, die specifischen
GemĂĽthseigenschaften des Oesterreichers auf
das tiefste anzuregen wie Lanner. Was
andere vergebens ihr Lebelang suchten, aber
niemals gefunden, jenen unnachahmlichen
Ausdruck ländlicher Einfalt, verbunden mit
artistisch vollendeter Grazie — Lanner hat
ihn erreicht, und seine sämmtlichen Composi«
tionen von OpuL t anzufangen, bis zu den
„Tchönbrunnern", seinem Schwanengesang,
werden von diesem eigenen Hauche der Wie«
ner Volkstümlichkeit durchweht, deren unge«
schminkte Aechtheit in letzter Instanz nur der
Eingeborene zu bestätigen berufen ist." —
Ein Musikkritiker bemerkt ĂĽber Lanner's
Compositionen folgendes: Lanner ist der
Mozart der Tanzmusik, Bis jetzt wurde
Lanner in seinem Fache noch nicht erreicht:
so Viele sich auch versuchten, es gelang noch
Keinem, ihm nahe zu kommen. Lanner hat
keinen Rivalen, selbst St rauĂź nicht; Lan<
ner ist Walzer«Dichter. Strauß ist Wal«
zer<Componist. Lanner's Compositionen
altern nicht, unterliegen keiner Mode, sie
wirken nach Decennien mit demselben Zauber, ,1 Lanner
den sie bei ihrem ersten Aufspielen ausgeĂĽbt.
Merkwürdig ist es, mit den „Werbern" hat
L. den Höhepunct der Walzer'Compofition
erreicht, Schöneres, Lieblicheres als die „Wer»
ber" hat er nicht mehr componirt. Sie bilden
auch mit ihrer Opus-Zahl 103 fast gerade
die Mitte der Gesammtzahl seiner Werke."
VI. Lanner's Kinder. Von Lanner's drei Kin»
dern August, Kathar ina und Fran«
ziska betraten der Sohn und die Tochter
Kathar ina die kĂĽnstlerische Laufbahn. Der
Sohn August (geb. zu Wien im Jahre 1834,
gest. ebenda 27. September 1833) zeigte in
frühester Jugend das schöne musikalische Talent
seines Vaters. Schon im Jahre 1843. damals
neun Jahre alt. trat L. mit dem Orchester
seines Vaters in ein?m der beliebtesten Locale
Wiens öffentlich auf. In Massen strömten
die Wiener dahin, und als der Knabe den
Platz seines Vaters betrat und die „Schön»
brunner Walzer" mit dem nämlichen Vortrage
und den EigenthĂĽmlichkeiten, die seinen Vater
so sehr charakterisirten, aufspielte, da wollte
der Jubel kein Ende nehmen. 3. hatte sich,
so jung cr war, durch sein Talent als Üom«
vonist und Capellmeister bald große Beliebt«
heit im Publicum erworben. I n seinen Ton»
weisen herrschte Frische. Lieblichkeit und der
den Werken seines Vaters eigenthĂĽmliche Zug
österreichischer Gemüthlichkeit. Aber schon im
Alter von 21 Jahren raffte ihn der Tod dahin.
A. Lanner's Compositionen sind: ,,D'ersten
Gedanken". 0p. 1; — „Sperl.Polka". 0p. 2;
— „Frühlings'Knospen", 0^.3; — „Origi«
nal<Polka", 0p. 4; — „Gruß an Steiermarr.
Steirische Tänze", 0p. 5; — „Heiligenstädter
Souvenir'Quadrille". 0p. 6; — „Brabanter
Klänge", 0p. 7; — „Sophienllänge". 0p. 9;
— „Die Dreiundzwanziger", 0p. 1 l ; —
„Keolcmtha.Quadrille", 0p. 12; — „Kränz»
chen'Stammblätter", 0p. l3; — „Ballnachts«
Träume", 0p. 15; — „Scherz.Polka", 0p. 16;
— „Elisabeth-Bürgervall'Tänze", 0x. 17; —
„Kaiser.Braut'Ankunfts'Marsch", 0p. 18; —
„ElfenPolka". 0p. 20; — „Festgedichte".
0p. 21; — „Prinzessin Sophie Dorotheens
Wiegenlieder", Og. 24; — „Isar«Klänge",
0p. 23; — „Die Orientalen", 0p. 26; —
„Vergißmeinnicht.Polka''. 0p. 27; — „Mur<
lieder. Original'steirische Ländler", 0^.28; —
— „Brucker Polka". 0p. 2i); — „Der Tanz
durch's Leben. Polka»Mazurka", 0p. 30; —
D' Waldoögerln". 0p. 31; — „Wiener Tan»
zeln auS der guten Zeit", 0i>. 32; — „Die
Gunftwerber", 0?. 33. M iener allge.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Laicharding-Lenzi, Volume 14
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Laicharding-Lenzi
- Volume
- 14
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1865
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 550
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon