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dem Jünglinge die Neigung zum Stu.
dium der Philosophie, wie sich denn auch
sein poetisches Talent damals bereits m
kleineren Dichtungen, die er in hebräischer
Sprache verfaßt hatte, kund gab. Schon
im Jahre 4313 versuchte es 3. die
Fabeln des Aesop in's Hebräische zu
übersetzen. Im nämlichen Jahre begann
er auch das Handwerk seines Vaters,
das Drechseln, zu lernen, ohne jedoch die
Studien im Talmud und Sohar aufzu«
geben, bei denen er damals schon für
dic Unechtheit des Sohar, trotz des allge«
meinen Glaubens an die darin sich kund«
gebende Inspiration, gegen seinen Vater
sich aussprach. Obwohl durch den im
Jahre 4814 erfolgten Tod seiner Mut«
ter größere Lasten in Besorgung der
häuslichen Geschäfte, so z. B. im Haus<
Wesen und die Einkäufe für die Wirth-
schaft ihm zuwuchsen, benutzte er doch
joden freien Augenblick für seine wissen»
schaftliche Ausbildung, studirte Soave,
Locke, Condi l lac, deren von jedem
Transcendentalismus freie Ansichten ihm
sehr praktisch und annehmbar erschienen.
Auch in Beziehung auf die hebräische
Poesie trat er damals bereits reformirend
auf. Jedes Wortspiel meidend, wodurch
der Sinn beeinträchtigt werden konnte,
sah er besonders auf Reinheit deS StyleS,
und in den um jene Zeit begonnenen
Studien der Bibel fand er in dem
damals (1816) aus Görz nach Trieft
übersiedelten Samuel Vita Lo l l i einen
freundlichen und kenntnißreichen Förderer.
I m Jahre 1817 schrieb er in hebräischer
Sprache ein Werkchen über die hebräische
Punctuation, welches so zu sagen die
Grundlage der 34 Jahre später erschie-
nenen DiHioFU6L 5ur 1a L^dd^ie bildet;
im folgenden Jahre, mit Reggio sich
befreundend, begannereine theologisch
philosophische Abhandlung, die er jedoch nicht vollendete. Wie schon oben bemerkt
worden, hatte er im Alter von 13 Iah.
ren daS Handwerk seines Vaters, das
Drechseln, zulernen begonnen, da aber
seine schwache physische Constitution ihm
deffen Ausübung nicht gestattete, er aber
nach dem Muster der Talmudlehrer durch,
aus irgend eine mechanische Kunst erlernt
haben wollte, verlegte er sich im Jahre
1819 auf die Uhrmacherei. gab sie aber
auch, da sie ihm gar keine Vortheile bot.
schon nach einem Jahre wieder auf. Von
nun an ertheilte er Privatunterricht und
verlegte sich fleißig auf literarische Arbei.
ten, die er neben der Muße seines späte»
ren Berufes als Lehrer vollendete. Eben
diese Arbeiten lenkten ihrer Gründlichkeit,
Gediegenheit und der umfassenden Kennt»
niffe wegen, die aus denselben sprachen,
die Aufmerksamkeit auf ihn, als von den
israelitischen Gemeinden des lombardifch«
uenetianischen Königreichs im Jahre 1829
in Padua ein Institut für den höheren
Unterricht der Rabbiner begründet wurde
und sie als Lehrer an dasselbe zugleich
mit Lelio Del la Torre sBd. I I I ,
S. 222^ > auch Luzzatto beriefen. Auf
diesem Posten entwickelte L. eine groß«
artige Thätigkeit auf wissenschaftlichem
Gebiete. Zweimal verheirathet, zuerst im
Jahre 1826, zum anderen Male im
Jahre 1842, stammte aus erster Ehe
sein Sohn Filosseno ss. d. Vorigen^,
der als Gelehrter seinem Vater nach'
eiferte, aber in der Blüthe seiner Jahre
starb. Als aber im Jahre 1862 seine ein«
zige Tochter Marianne, aus zweiter
Ehe. ein Mädchen von 18 Jahren, starb,
gerieth L. in mißliche Verhältnisse und
Rabbiner Mannheimer in Wien, als
er indirect von Luzzatto's bedrängter
Lage hörte, verschaffte ihm noch kurze Zeit
vor seinem Tode eine hochherzige Unter-
stützung, welche durch eine von Dr. 3. A.
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Volume 16
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Londonia-Marlow
- Volume
- 16
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1867
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon