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nicht zu sich. um einen Künstler aus ihm
zu bilden, sondern miethete bloß wieder
seine physischen Kräfte zur Hausarbeit,
vergönnte ihm nur etwas mehr Zeit, als
er bisher hatte, und gab ihm deßhalb zum
Zeichnen Preißler's Zeichenbuch zum
Muster, damit er
sich zum Unterrichte, den
ihm Sturzenhöfer für die Folge ver-
sprochen hatte, einigermaßen vorbereiten
könne. So kurz die darauf zu verwendende
Mußezeit Maurer's hier war, und so
schwer er nebenher arbeiten mußte (denn
er hatte Holz zu hacken, Stiefel zu
putzen u. s. w.). so war doch der Winter
noch nicht vorüber, und er schon im
Stande, die Preißler'scden Figuren
und die von selbem angegebenen Ver»
hältniffe richtig nachzuzeichnen. Nebenher
machte er, ohne alle Anleitung, bloß
durch die unbemerkter Weise über die
Arbeiten seines Herrn angestellten Beob»
achtungen, Versuche im Malen. Er pauste
also einen Preißler'schen Kopf, in der
Stellung eines heiligen Venantius, den er
in der Dorfcapelle gesehen, auf Leinwand,
suchte heimlich Farben zu bekommen und
malte frisch darauf los. Seine Käme'
raden aus dem Dorfe wurden dann zur
Beurtheilung eingeladen. Diese erkann-
ten den Heiligen, und machten dadurch
M. unaussprechlich glücklich. Wie gerne
hätte er dieses sein vermeintliches Kunst»
werk noch weiter vorgezeigt; er dachte
aber stets an die heimlich genommenen
Farben und die Folgen, wenn er darüber
entdeckt würde; sein Venantius mußte
also im Feuer umkommen. Winter'n
entging indeß M.'s Neigung zur Kunst
nicht. Er merkte wohl, daß M. heimlich
malte. Gleich nach Sturzenhöfer's
Rückkunft wurde also über die fernere
Bestimmung des Jungen ernstlich bera-
then, anerkannt, daß er zur Malerei
ganz geeignet fei, und ausgemacht, daß Winter ihn als seinen Lehrling zu sich
nehme. Nun fing Maurer erst zu leben
an. Die Kunst beschäftigte ihn größten-
theils. Er studirte nach seines Lehrherrn
Vorzeichnungen, und ging nicht lange
hernach mit ihm nach Brühl, vier Stun«
den von Bonn, wo Winter in Gesell»
schaft des Blumenmalers Metz den Saal
in dem dort vom Churfürsten gebauten
Schneckenhause malte. Dort brachte M.
einen Sommer zu mit Erlernung der
Farbettbereitung und Aufzeichnung des.
sen, was Winter ihm angab. Er zeich«
nete schon nicht unrichtig und mit Fertig,
feit. Nun mußte er seinen ersten Versuch
im Malen machen. Winter verschaffte
ihm die Gelegenheit, eine zwei Schuh
hohe Madonna von Carloni zu copiren.
Er bot nun bei der Copie dieses Marien»
bildes Alles auf und copirte es zweimal,
einmal für den Pfarrherrn zu Lengsdorf,
Schlosser, und den Forstmeister zu
Röttgen, Ostler; Winter war zufrie«
dengestellt und munterte M. auf, nur so
fortzufahren. Im November i?59 führte
Winter seinen 2ljährigen Schüler nach
München, da die ferneren Arbeiten im
Schlosse zu Röttgen wegen des damali-
gen Krieges eingestellt wurden. Winter
war ihm nun ganz Vater und ersetzte
ihm auch den Verlust seiner in der Zwi-
schenzeit gestorbenen Mutter. Maurer
gebrauchte nun schon gröptentheila die
Palette, fing bald nach A miconi, nach
Pi t ton i u. A. zu malen cin. malte auch
nach gewählten Kupferstichen und studirte
an anderen guten Gemälden über die
dabei zu verwendenden Farben. Da er
kein Modell der Natur hatte, so stellte
er oder legte sich selbst vor einen Spie«
gel und studirte so, man kann sich denken
mit welcher Mühe, zeichnend und ver-
bessernd, die Formen der Natur. M.
machte schnelle Fortschritte und leistete
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Maroevic-Meszlenn, Volume 17
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Maroevic-Meszlenn
- Volume
- 17
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1867
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 506
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon