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Metaftafio Metaftasta
seinen Pstegesohn erfüllte, einigen Ersah
für alle Mißerfolge im Gebiete der
Dichtung; er ertrug es auch gelassen, als
Metastasio, von der Rechtsgelehr
samkeit wenig angezogen, sich durchaus
nicht zur Ausübung derselben verstehen
wollte. Später, es scheint in Neapel,
nahm M. nach Empfang der sogenannten
niederen Weihen, einer damals herrschen
den Sitte folgend, den Titel eines Abbä
an, womit er seine Absicht, ein Schon«
geist zu werden, deutlich verrieth. I n
der ersten Zeit beschäftigte sich M. ver»
hältnißmäßig wenig mit poetischen Ar-
beiten, und es ist nur eine Dichtung.
«, deren Stoff er Trissino's
orHtg." entnommen, bekannt,
welche er in jenen Tagen geschrieben,
worin aber sein reicher Geist noch völlig
in den Fesseln der Alten steckt, deren
Nachahmung ihm sein Pflegevater so
sehr an's Herz gelegt. Hingegen übte M.
fleißig seine herrliche Improvisations»
gäbe fort und improvisirte mit den
bekannteren Meistern dieser Kunst in
jenen Tagen, wiemitPerfett i , Ro l l i ,
Vanin i in die Wette, und übertraf sie,
obgleich sie reifer und geübter waren, ge°
wohnlich weit an Lieblichkeit und Grazie.
„Erwartet nicht von mir", bemerkte er
eines TageS zu seinen Freunden, „daß ich
mein Hirn destillire, um unter Nagelkauen
und Kopfkrahen einige Sestinen heraus»
zuHaspeln. Was kommen soll. kommt
von selb st, sind es auch keine Verse,
die sich mit jenen der Classiker messen
können, so kommen sie doch aus der
freien Eingebung meines Geistes, und
wenn sie auch nicht immer eine strenge
Prüfung bestehen, so gefallen sie doch
dem Herzen." Dieser einfache Ausspruch
Metasta si o's ist der richtige Maßstab,
der noch heute an seine Dichtungen
gelegt sein will. wenn es nicht über» Haupt der Maßstab für alle Dichtung ist.
Um sich in seiner Muttersprache zu üben,
übersehte M. um jene Zeit die Iliade
in italienische Verse, und gewann da<
durch eine gründliche Kenntniß des
Geistes beider Sprachen. Als Metasta-
sio zwanzig Jahre alt war, verlor er
seinen Wohlthäter durch den Tod, zu«
gleich aber wurde er der Erbe seines
nicht unbedeutenden Vermögens, daS
den armen Handwerkersohn in eine
angenehme, unabhängige Lage versetzte.
Er hatte aber bisher selbst zu wenig die
Sorge des Erwerbens kennen gelernt,
um mit dem ihm durch ein unverhoff-
tes Glück zugefallenem Erbe verständig
hauszuhalten. Angeborne Lebhaftigkeit
und die Lebenslust der Jugend waren
die trügerischen Rathgeber, lustige
Freunde und sorglose Nichtsthuer, die
Testamentsvollstrecker und Mitzehr er.
Nachdem sich M. in solcher Gesellschaft
in den Strudel von Zerstreuungen ge-
stürzt, machte er schon nach zwei Jahren
die Entdeckung. daß die Fluth der
Wohlhabenheit abgelaufen und mit ihr
die guten Freunde verlaufen waren. Ihm
war nichts geblieben, als zu späte aber
unfruchtbare Reue und ein Heer lästiger
Gläubiger, deren Zudringlichkeit so ge»
fahrlich wurde, daß eS M, am gerathen^
sten fand, Rom zu verlassen. Vor seinen
Bedrängern fand er Zuflucht in Neapel,
wo er im Jahre 1721 ankam, und seine
Muse und Muße bald ausschließlich der
Bühne widmete. Im Anbeginn nämlich
fand er Unterkunft bei einem Advocaten,
und hatte sich in Acten und Geschäfte so
vertieft, daß für die Poesie gar keine Zeit
übrig blieb und es leicht geschehen
konnte, daß M. der Muse für immer ent>
zogen worden wäre; nur noch manchmal,
m Kreise lebensfroher Genossen, impro»
visirte er ein und das andere Lied, das
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Metastasio-Molitor, Volume 18
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Metastasio-Molitor
- Volume
- 18
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1868
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 522
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon