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Metaftasio 6 Metastasw
seines Jahrhunderts, und noch mehr
derer, denen er sein reiches Talent ge-
widmet hat", ihn glücklicher und stolzer
machen, als das reichste Geschenk. Bis
zum Jahre 1771 hatte M. seine Functio«
nen als Hofpoet ausgeübt, denn in
dieses Jahr fällt seine letzte dramatische
Dichtung: „RuFFikro ovvero l'sroiok
ßratiwäins", welche zur Feier der Ver-
mälung des Erzherzogs Ferdinand
mit Mar ia Beatrice von Este mit
Musik von Hasse in Mailand gegeben
wurde. Nun zog
sich
der Dichter ganz von
der Welt zurück und veröffentlichte nichts
mehr, wenn er auch für
sich
nichts weniger
als unthätig blieb. Zu den Classikern
zurückkehrend, für die ihm sein längst ver«
blichener väterlicher Freund Gravina
Bewunderung und Liebe eingeflößt hatte,
beschäftigte er stch mit einer Untersuchung
der Poetik des Aristoteles und des
Horaz, auch fügte er bei nochmaliger
Durchftudirung der Werke desAeschy»
lus. EuripideS. Sophokles und
Aristoteles diesen erläuternde Noten
bei. die noch zum Theile ungedruckt sind.
Arbeit und Genuß seiner spateren Jahre
bereitete ihm auch die noch zwei Jahre
vor seinem Tode von ihm selbst besorgte
schöne Pariser Ausgabe seiner Werke, an
deren würdiges Erscheinen er so große
Sorgfalt wendete, daß er mehrere seiner
berühmten früheren Arbeiten, wie „
„I'^äriano", „Ia Ieruiran
o" u. A., einer nochmaligen
strengen Feile unterwarf. Die Biographen
melden von vielfachen, dem Dichter an-
gebotenen Ehren, die aber derselbe, den
nie die Bescheidenheit verließ, immer
abgelehnt hatte, So hätte ihm Kaiser
Karl VI. verschiedentlich die Erhebung
in den Adelstand und den Titel „Reichs»
hofrath angetragen, worauf Metasta
fio erwiedert habe. sein Stolz und schönster Titel sei die Erlaubniß, sich
Dichter Sr. Majestät nennen zu dürfen,
und als Mar ia Theresia ihm das
Kreuz des Stephan-Ordens. verleihen
wollte, habe er sich damit entschuldigt,
er fürchte keine Zeit zu haben, die Pstich.
ten eines Ritters zu erfüllen. Auch sollte
er auf den Wunsch der Kaiserin, nachdem
er sechzig Jahre lang Europa durch sein
Talent entzückt hatte, auf dem Capitol
öffentlich zum Dichter gekrönt werden.
Die Unterhandlungen in dieser Ange-
legenheit waren bereits dahin gediehen,
daß sich der Papst Clemens XIV.
ianganell i) zu diesem feierlichen
Acte bereit erklärte. Aber Metastasio
lehnte ab, indem er scherzend erwiederte:
er fühle stch zu alt, um das Capitol
noch erklimmen zu können. Das Positive
an allen diesen Mittheilungen muß vor
der Hand dahin gestellt bleiben, denn
eine quellenmäßige Bearbeitung dieses
Dichterlebens fehlt bis zur Stunde, ob»
wohl das reiche Material von etwa
2000 Briefen des Dichters sich in der
Sammlung der Hofbibliothek leider noch
unbenutzt vorfindet, denn der gedruckte
und einzelnen GesammtauSgaben der
Werke Metastasio's angehängte Brief-
Wechsel umfaßt kaum fünfhundert Briefe.
Bis zum Jahre 1780 befand sich M.,
der übrigens an einem Uebel litt, das
nicht tödtet, aber um so empfindlicher
martert, im Ganzen körperlich wohl, im
genannten Jahre aber befiel ihn eine
solche Körperschwäche, die überdieß im>
mer mehr zunahm, daß schon in den
ersten Monaten des genannten Jahres
der Dichter selbst sein herannahendes
Ende vermuthete. Aber noch einmal
erholte sich die schwindende Kraft, und
dem Dichter wurde noch das traurige
Los. seine kaiserliche Gönnerin vor ihm
in das Grab sinken zu sehen. AlS zu
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Metastasio-Molitor, Volume 18
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Metastasio-Molitor
- Volume
- 18
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1868
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 522
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon