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Metiernich Mettennch
Uebernahme des auswärtigen Amtes in
Aussicht stand, welche jedoch nicht er>
folgte, da GrafMensdorf f -Poui l ly
in das Ministerium Schmerling als
Minister des Auswärtigen eintrat, schrieb
ein demokratisches Blatt über den Fürsten
Richard: „Richard Metternich hat
Vieles vom Vater ererbt, .unter anderem
auch jene wahre grandiose Noblesse,
welche dem heutigen Adel — Ausnahmen
natürlich abgerechnet — so ziemlich ab-
Handen gekommen ist. Richard Met«
ternich macht keinem Menschen, und
möge derselbe einem noch so untergeord«
neten Verhältnisse angehören, die Supe.
riorität seiner Stellung fühlbar oder
drückend. Ein gewisses Wohlwollen ist
über seine ganze Handlungsweise ver-
breitet, er liebt es, statt traurige Ge-
sichter, fröhliche Menschen um sich zu
sehen, und thut, was an ihm ist, alles
Erdenkliche, den Leuten keinen Anlaß
zum Mißmuthe zu geben. Richard Met»
ternich ist eine frohmüthige Natur,
die gern Alles, waS mit Kummer zusam»
menhängt, von sich abwehrt. Diese na-
türliche Fröhlichkeit erhalt seinen Geist,
frisch und macht ihn zum erwünschten
Gesellschafter. Mit jenem Frohsinn ver-
bindet der Fürst ein reiches Geselligkeits«
talent. Ein Clavierfpieler ersten Ranges,
der, wenn er arm geboren worden wäre,
ßch allein durch seine Fingerfertigkeit
auf dem Piano hätte das tägliche Brot
erwerben können, ein ziemlich glück-
licher Tonscher ^1860 sind bei Spina
in Wien „Felsenlieder", von dem Für-
sten componiri, erschienen^, ein guter
Erzähler und erfindungsreicher Kopf,
würde Richard M.. wenn er auch
einer minder begünstigten Sphäre ange-
hörte, viel gesucht sein. Man hat ihm die
Ausführung der oberwähnten Talente
zum Vorwurf gemacht und die Meinung ausgesprochen, daß sie seinem eigentlichen
Berufe Eintrag thäten. Es gibt keine fal-
schere Behauptung als diese. Weßhalb soll
besondere Beliebtheit in der Gesellschaft
den diplomatischen Erfolgen zum Schaden
gereichen? Wir glauben vielmehr, daß
die Mißerfolge, welche die Mehrzahl der
diplomatischen Missionen Oesterreichs im
17. und 18. Jahrhunderte begleiteten,
mit dem völligen Mangel an geselligen
Talenten der Vertreter der vaterländi-
scheu Negierung innig zusammenhängen.
Aber jene trockenen, wenn auch noch
so patriotischen Kanzleiseelen, welche die
Winkelzüge der französischen Politik
durchkreuzen sollten, hatten höchstens den
Erfolg, in ihrem Bestreben, das sie nicht
einmal zu verbergen im Stande waren,
belächelt zu werden. Die französische
Diplomatie hatte aus den entgegenge«
'etzten Gründen entschiedenes Glück, weil
sie überall durch die Leutseligkeit ihrer
Träger für sich einnahm und die Ge«
müther der Fürsten für die Interessen
Frankreichs zu gewinnen wußte. Fürst
Richard hat an seiner Gemalin,
einer gebornen Gräfin Sä.ndor — und
nicht Zichy, wie es im obbezogenen
Artikel heißt — eine wichtige Verbündete,
deren Bedeutung nicht leicht unterschätzt
werden kann. Die Fürstin, eine Dame
voll Geist und Phantasie, versteht es,
wie selten eine Frau, ihrem Gatten die
diplomatischen Pfade zu ebenen und
eden seiner Entwürfe auf das Nachhal«
tigste zu unterstützen, und man wird
nicht zu viel sagen, wenn man behauptet,
daß das gute Einvernehmen zwischen den
Höfen von-Wien und Paris, das un«
unterbrochen feit 1839 fortdauert und
n der Zusammenkunft der beiden Maje«
statm, des Kaisers FranzIoseph und
des Kaisers Napoleon, welche in den
letzten Tagen des August 1867 zu Salz-
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Metastasio-Molitor, Volume 18
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Metastasio-Molitor
- Volume
- 18
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1868
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 522
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon