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Nagn K7 Nagn
sich von allen Dingen fernhaltend,
die übelgedeutet werden konnten, so
lange es nicht seine staatsbürgerliche
Pflicht dringend gebot, dagegen, was die
Verfassung und Nationalitat entschieden
gefährdete, einzuschreiten. So kamen die
Ereignisse der Jahre 1822, 1823 und
t824. Die Regierung verlangte — mit
Umgehung des Reichstages — von den
Homitaten Steuern und Rekruten. DaS
war offenbare Verletzung der Verfassung,
gefährlich, wenn sie einmal ungeahndet
durchging, als bindendes Beispiel für
spätere ähnliche Fälle. Jetzt trat Pau l
Nagy mit aller Energie auf. und das
Dedenburger Comitat, dem er angehörte,
sollte unter den Verfechtern der verletzten
Verfassung einen Platz einnehmen. Die
königlichen Verordnungen wurden als dem
Gesetze und der Verfassung in gleichem
Maße zuwider erklärt und denselben
gegenüber gleichsam symbolisch passiver
Widerstand, nämlich negatives Verhalten
beschlossen. Die Verfassung war dadurch
geschützt, wenngleich der Eingriff in die«
selbe nicht hintangehalten, denn durch
Anwendung von Gewaltmaßregeln wur>
den die gesetzwidrigen Befehle in Vollzug
gesetzt. Dagegen weiteres zu thun —
wollte man nicht Gewalt mit Gewalt
verdrängen, also offen zur Empörung
schreiten — war unter den obwaltenden
Verhältnissen nicht möglich. Als nun die
Wahlen für den 1828 zusammentreten»
den Reichstag stattfanden, wurde Nagy
trotz aller Hindernisse in denselben ge«
wählt. Auch auf demselben spielte N.
eine einflußreiche Rolle. Er vertheidigte
die privllegirte ungarische Verfassung mit
allem Aufgebote seiner Beredsamkeit, er
bekämpfte nach allen Seiten hin die
Auswüchse und Mißbräuche des Herr-
schenden Systems. Er bewirkte es, daß
man sich einigte, die sämmtlichen Be> schwerden (ftraviimna) in ein Ganzes
zusammenzufassen und vor das Forum
der Nation zu bringen; er führte in
Finanz« und Steuerfragen daS große
Wort; vornehmlich ihm ist jener Reichs-
tagSbeschluß zu verdanken, dem zu Folge
der Urbarialadel nunmehr in die Reihe
der Steuerpflichtigen gestellt wurde, ein
Beschluß, dessen unabsehbare Folgen in
ihrer ganzen Wichtigkeit damals noch
gar nicht erkannt wurden; er hielt da»
mals für die ungarische Sprache jene
hinreißenden Reden, welche im ganzen
Lande Enthusiasmus erregten. „Und
darum" , schreibt der als der große
Patriot in Ungarn vergötterte Szs-
chönyi, „darum geben wir Gott, was
Gottes ist, aber wir geben auch Nagy,
was dieses großen (22.3? --- groß)
Patrioten ist; entziehen wir ihm nicht
den Lorbeer, den er verdient; war doch
in der Rettung unserer Nationalität er
der erste Held; und der Lorbeer wird,
wenn er schon dahingegangen, wir mö.
gen es wollen oder nicht, auch dann noch
um seine Schläfe grünen, wenn so viele
unter uns längst vergessen und für ewig
in das stumme Meer der Zeiten versunken
sein werden". Demnächst wirkte Paul
Nagy auf dem Reichstage des Jahres
1830. aber die politischen Verhältnisse
Europa's waren in jenem denkwürdigen
Jahre nicht so geartet, um Männern
von Nagy's Schlage im Ausbaue der
ungarischen Verfassung in einer dem
Fortschritte der Zeit entsprechenden Weise
hilfreich zu sein; wohl wirkte er "im
Interesse seines Vaterlandes, so gut er
konnte, aber auch er fügte sich, wie der
Mehrtheil, der Zwangslage der damali-
gen Situation. Nagy stand während
der ganzen Zeit seiner parlamentarischen
Wirksamkeit so ziemlich isolirt, und so
geschah denn auch ihm, waS manchem
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Nabielak-Odelga, Volume 20
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Nabielak-Odelga
- Volume
- 20
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1869
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon