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schulen, auch richtete er um diese Zeit
sein Augenmerk auf das theologisch-
philosophische System, welches eben
damals Bolzano ^Bd. I I , S. 35^>
zu begründen begann. Der Umgang
mit ein paar benachbarten Pfarrern,
beide Bolzano's Schüler und be«
geisterte Anhänger, förderte ihn auch in
dieser Richtung wesentlich. Im Jahre
1833 bewarb er sich um eine Katecheten,
stelle auf dem Gymnasium zu Leitmeritz
und im Jahre 4838 um die Professur
der Religionslehre an der philosophischen
Facultät zu Innsbruck. Im Jahre 4839
aber wurde er unter Canonicus Pri«
tzonsky Vorstand des wendisch« sächsi«
schen Seminars zu Prag, an welchem er
durch neun Jahre, bis 1848, thätig war.
Nun aber begann die Periode von Ver«
leumdungen und Verfolgungen, welche
störend in sein Leben griffen, wozu jedoch
N. selbst, der doch die hierarchischen Ver<
hältniffe seines Standes kennen mußte
oder doch hätte kennen sollen, Ver>
anlaffung gegeben. Er hatte nämlich
auf den 18. und 22. Mai g. I . zwei
geistliche Versammlungen einberufen und
die Verhandlungen derselben durch den
Druck veröffentlicht. Dieselben betrafen
kirchliche Reformen tief eingreifender Art,
nach allen Richtungen hin, nach der dog»
malischen, liturgischen und mit Inbegriff
der kirchlichen Erziehung in Schulen,
Seminarien und Klöstern. Es wurden
alle Momente, die einer Reform zu be»
dürfen schienen, näher gewürdigt und
nun auch die Mittel in Betracht gezogen,
die zur Erreichung dieser wünschenS«
werthen Reformen in Anwendung kom»
men müßten. Dieß war der Gegenstand
der beiden oberwähnten Versammlungen,
an denen Prälaten, Domherren und
andere Priester, im Ganzen 40 Prager
Geistliche, theilgenommen. DaS ganze Unternehmen fand bei den aufgeklärten,
wissenschaftlich gebildeten Katholiken in
Deutschland günstige Aufnahme. Der
„Mainzer Katholik" (1848. Nr. 107)
und die „Tübinger Quartalschrift", zwei
in katholischen Kreisen maßgebende Zeit«
schriften, begrüßten das Unternehmen als
ein zeitgemäßes, und auch ein in Wien
erscheinendes neues kirchliches Organ:
„Der Sprecher für Staat und Kirche"
(1848, Nr. 13) stand für die Sache in
beifälligster Weist ein. Die niedere Geist,
lichkeit Böhmens, so die oechische wie die
deutsche, wenngleich mehr zuwartend sich
verhaltend, verfolgte doch mit Span«
nung und zustimmendem Interesse den
Gang der Ereignisse, der übrigens eine
für die Hoffenden unerwartete Wendung
nahm, welche jedoch bei dem damals
gen Stande der Dinge vorauszu-
sehen war. N. selbst wurde alsbald in.
drei Diöcesen, der Leitmeritzer, Dres«
dener und Prager, als ein Verführer
und politischer" Rädelsführer bezeichnet,
dann in Haft genommen, auf da5
Prager Schloß abgeführt und daselbst
durch drei Wochen gefangen gehalten.
Den stärksten Druck auf ihn übten die
deutschen Bischöfe aus, die damals eben
zu Würzburg versammelt waren und es-
durch Drohungen und andere Machi»
Nationen endlich dahin brachten, daß N.
seine Stelle aufgeben mußte. Nun fand N.
für den ersten Augenblick Unterkunft als
Prediger in Leipzig und später als Lehrer
am katholischen Gymnasium zu Dresden,
nachdem alle seine Versuche, im Vater-
lande zu bleiben, vergebens gewesen
waren. Im Juni 1849 aber erhielt er
eine Pfarre in der sächsischen Bergstadt
Freiburg. Ohnehin von schwächlicher
Gesundheit, nochmehr aber niedergedrückt
und Physisch und moralisch erschüttert
durch das Mißlingen seiner nichts weniger
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Nabielak-Odelga, Volume 20
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Nabielak-Odelga
- Volume
- 20
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1869
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon