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Neftroy 228 Neswadba
halbes Hundert Possen geschrieben, uon
denen eine namhafte Zahl, mustergiltig und
mit großem Beifalle aufgenommen, über alle
deutschen Bühnen ging. War das Buch ein-
mal den bewährten Händen seines Directors
Carl übergeben, hatte er seine Rolle indem
Stücke einstudirt. so kümmerte er sich nie
mehr um dasselbe, und selbst bei der «lstm
Aufführung seiner Arbeiten ließ er sich den
Erfolg der Scenen, in welchen er nicht selbst
beschäftigt war, in der Garderobe wieder
erzählen. . . . Er arbeitete mit reißender
Schnelligkeit, meist Vormittags im Bette
liegend, mit Bleistift auf eine halbe Seite
großer, in Bittschriftenformat zusalnmcnge'
legter Bogen schreibend. An der leeren halben
Seite wurden später Aenderungen. Couplets,
Witzfunken u. s. w. notirt und das fertige
Stück dann so der Direction übergeben. Nie
bekümmerte er sich dann mehr um dasselbe,
ebensowenig wie um die nöthige Ausstattung,
Besetzung, Inscenesetzung u. s. w., er wußte
das Alles bei Carl in den besten Händen.
Täglich mit einer namhaften Rolle beschäf-
' tigt — als Director sagte er mir einst, er
sei sein fleißigstes Mitglied — spielte er doch
nur mit Widerwillen, kam erst in der letzten
Minute seiner Verpflichtung nach, war in
der Garderobe, fünf Minuten vor dem Auf»
treten noch der mißmuthige faule Nestroy,
der sich aber, sobald er die Scene betrat,
mit Blitzesschnelle in den genialen geistreichen
Komiker verwandelte. Alle Scherze, Witz»
Worte und Calembourgü Nestroy'6 tragen,
den Stempel des ausgesprochensten Cynis-
mus oder der bittersten Ironie, und doch
war er persönlich einer der gutmüthigsten
Menschen, der mit Willen keiner Katze wrh
thun konnte. Ein wunderbareres Gemisch
von guten uno schlimmen Eigenschaften, von
Schüchternheit und namenloser Frechheit, von
böser Zunge und weichem Hcrzcn ward wohl
noch nie unter einem Menschenhaupte ver»
einigt gefunden. Nie im Guten wie im Bösen
hat uns je etwas an Nestroy überrascht;
er stand unter dem
strengsten
Pantossel-Regi<
mente eines ihn schwer drückenden Verhält-,
nisses, darin ausharrend bis zum Ende seines
Lebens, währrnd ein raschcr Entschluß die
klirrenden Ketten gesprengt hätte. Dagegen
entblödete er sich nicht, durch offene Untreue
tausend und abertausend Mal die Eifersucht
seiner Gebieterin bis zur rasenden Flamme
anzufachen. Bei Gastspielen ließ er sich ein
kleines „Extra conto" für seine geheilmn
v. Wurzbach, biogr. Lexikon. XX. Plaisirs anlegen, da er „der Frau" von der
Verwendung eines jeden verdienten Guldens
strenae Rechenschaft ablegen müsse. Das ge-
stand er selbst in größter Naivität ein, ob,
wohl er Gelegenheit genug fand, Tausende
von diesen Rechenschaftsgulden den Augen
„der Frau" zu entziehen."
Neswadbll, Joseph (Ton setz er, geb.
zu Vyskei- im Bunzlauer Kreise Böh.
mens 19. Jänner 1824). Sein wahrer
Name ist Hamäöek, warum er den«
selben mit dem nicht besser klingenden
Neswadba vertäuscht, ist nicht bekannt.
Der äechische Dichter und Schriftsteller
Simon Karl Machäöek ^Bd. XVI,
5. 200^ war es. der für seine Ausbil-
düng und Erziehung sorgte, und fast
läßt sich aus den beiden einander gegen»
stellten Namen M achaöek und H a ma»
Lek, deren letzterer nur aus einer Ver»
setzung der ersten zwei Silben des erste«
ren gebildet ist. auf Weiteres schließen.
Frühzeitig lernte N. Musik und frühzeitig
begann er Compositionsversuche. Bald
wurde er in Folge seiner musikalischen
Kenntnisse Capellmeister eines Theater«
Orchesters, welche Stellung er auf daS
Eifrigste zur weiteren Ausbildung in der
Musik benutzte, so daß er nach dem Aus»
tritte des tüchtigen Franz Skraupa
als Kapellmeister an daS ständische Thea<
ter nach Prag berufen wurde. Auf die»
sem Posten wirkte er einige Zeit. begab
sich aber dann nach Berlin, wo er durch
zwei Jahre das Orchester der italieni«
schen Oper mit aller Umsicht dirigirte.
Von Berlin ging er im Jahre 1861 als
Kapellmeister nach Hamburg und von
dort im Jahre 1864 noch Darmstadt,
um daselbst die Stelle eines Hofcapell»
Meisters als Nachfolger des berührn»
ten Schindelmeisser zu übernehmen,
welche er zur Stunde noch bekleidet. N.
hat schon wahrend seines Aufenthaltes
in Prag, überhaupt sehr frühzeitig, zu
6. April l869.) 1ö
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Nabielak-Odelga, Volume 20
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Nabielak-Odelga
- Volume
- 20
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1869
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon