Page - 423 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Nabielak-Odelga, Volume 20
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ununterbrochen nebeneinander liefen,
Wien und begaben sich nach Rom, wo
sie sich mit Ernst und Hingebung ihrem
Berufe widmeten und in den Museen
und Sammlungen und an den Bau«
werken einen Schatz von Kenntnissen
sammelten. Aus Italien gingen sie. wie
es ihr Plan war, nach Frankreich, wo
namentlich die Werke des mntelalter»
lichen Baustyls ihre Aufmerksamkeit fef>
selten, besuchten Berlin, wo Schinckel,
und dann München, wo Klenze und
Gärtner walteten und schufen. Im
Sommer 4843 waren sie nach Wien
zurückgekehrt, wo bereits Vorsorge ge.
troffen war, ihnen einen ehrenvollen
Wirkungskreis zu verschaffen. Siccards«
bürg erhielt eine mit Rücksicht auf ihn
offen gebliebene Professur der Architectur,
van der Nu l l die neubegründete Pro-
fefsur der Ornamentik und Perspective,
zu der er im folgenden Jahre noch an
Fö rster's Md. IV, S. 270) Stelle die
Professur der Architectur übernahm.
Auf diesem Posten wirkte N. mit Eifer
und Einsicht und im Interesse der Kunst.
Aber es sollte ihm auch bald Gelegen«
heit geboten werden, seinen künstlerischen
Schaffensdrang nach außen hin zu be-
thätigen. Neber die Zustände des Bau»
Wesens in Wien und in der ganzen
Monarchie, sowohl bezüglich der Privat»
wie der Staatsbauten uor 1848. gibt
van der Nul l 's Biograph in dessen
Lcbensskizze eine wahrheitsgetreue Dar«
stellung. Es galt, um sich kurz zu fassen,
das damals herrschende Monopol der
Baumeister und technischen Organe des
Staates, die ohne selbstständige Auffas-
sung, ohne künstlerischen Beruf auS der
armseligen Anschauung des primitivsten
Kasernen- und Spitalbaustyls gar nicht
herauskamen, zu erschüttern und dann
ganz über den Haufen zu werfen. Van der N ü l l übrigens hatte weniger Freude
daran, einen Bau aufzuführen, als viel»
mehr. einen aufgeführten Bau mit gesät-
ligen Formen zu bekleiden. Bei Sic«
cardsburg hingegen war gerade die
entgegengesetzte Richtung entwickelt und
so ergänzten sich denn auch noch in dieser
Richtung hin die beiden Freunde. Bald
sollte ihnen auch Gelegenheit geboten
werden, ihre Dioskuren-Kunstnatur zu
bethätigen. Der Entwurf zu einem
neuen Ständehause in Pesth, welcher im
Jahre 1844 vollendet ward, war das
erste größere Werk mit dem beide Kunst,
ler in die Oeffentlichkeit traten. Um fast
dieselbe Zeit wirkten sie an dem Gebäude
für die Wiener Industrie-Ausstellung
(1845), und waren zunächst die Pläne zu
den beiden Pavillons in den inneren
Hofräumen deS Galleriezubaues ihr
Werk. Dann erhielten sie den Auftrag,
die Pläne zu dem Baue eines neuen
Theaters in derZeopoldstadt für Director
Car l zu entwerfen, wurden aber durch
die Ungunst des Terrains und die knapp
zugemessenen Geldmittel mannigfach in
in der Ausführung ihrer Ideen gehin»
dert. I n diese Zeit fällt auch eine kleine
Fachschrift van der Nüll 's, welche an»
fanglich in Dr. A. Schmidl's „Oester-
reichifchen Blattern für Literatur und
Kunst" abgedruckt war, bald darauf
aber unter dem Titel: „Andeutungen über
die knnstgemüsse Beziehung des Ornaments zur
ruhen Furm" (Wien 1843) in einer Sepa-
ratausgabe erschien. Es ist dieß eine
Arbeit, worin große Wahrheiten in geist.
voller Form und in ziemlich eindringlicher
Weise vorgebracht werden. Noch voll»
endeten deide Kürchler vor dem auch in
Kunstsachen einen Umschwung herbei-
führenden 48ger Jahre den Sophienball-
und Badsaal, eine. wenngleich von einer
den Freunden eben nicht wohlwollenden
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Nabielak-Odelga, Volume 20
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Nabielak-Odelga
- Volume
- 20
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1869
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon