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Vettinger 30 Vettinger
Gymnasium zu Maria Magdalena in
seiner Vaterstadt, aber die Mittellofigkei
seiner Eltern nöthigte ihn, die Studien
zu unterbrechen und selbst für seinen
Unterhalt zu sorgen. Er begab sich nun
nach Wien, wo er die Bekanntschaft des
Redacteurs und damals als Volksdichters
vielbeliebten Adolph Bauerle sBd. I,
S. 148^ machte, der sich in väterlicher
Weise seiner annahm. Bäuerle, in
dessen Hause O. auch Unterkunft gefun>
den und bereits mehrere Monate zuge>
bracht, führte den jungen, aber schon
damals durch seinen schlagfertigen Witz
bemerkbar werdenden Mann in der
Journalistik ein. Er forderte ihn nämlich
eines Abends, mehr im Scherz als im
Ernst, auf, das Theater an der Wien
zu besuchen und das eben zum eisten
Male gegebene Lustspiel: «Der junge
Herr" zu beurtheilen. Die am nächsten
Morgen gebrachte Recension O.'s fand
so sehr Bäuerle's Beifall, daß er sie
sofort abdrucken ließ. Ein paar Wo>
chen spater fand Oettinger diese seine
erste kritische Arbeit in der „Berliner
Schnellpost" und in der „Mannheimer
Flora" nachgedruckt, und so kam es
denn — daß Oett inger Journalist
wurde. Sein eigentliches Bekanntwerden
aber in der großen und damals wenn
auch minder mächtigen, doch nichtsdesto-
weniger vielgesuchten Iournalistenwelt
verdankte er einem Scherze. Er beschrieb
die vierzehn Zimmer der zu jener Zeit
im Zenyth ihres Ruhmes stehenden
Henriette Sonntag. Ohne die Woh«
nung der gefeierten Sängerin je gesehen
zu haben, gab er die Beschreibung der«
selben mit einer bis in's Einzelne gehen-
den Genauigkeit, so daß Niemand an
der Richtigkeit der Darstellung zweifelte.
Diese Beschreibung wurde nun in den
meisten deutschen Blättern nachgedruckt, von englischen und französischen Blattern
übersetzt. Jetzt war eS an der Zeit, die
Mystisication aufzudecken. Der Erfolg
läßt sich denken. Aber mit dem Aerger
der Redactionen, in die Falle gegangen
zu sein, war doch der Name des Spaß.
Vogels allgemein bekannt geworden und
das war zur Zeit die beste Empfehlung.
Einige Jahre brachte O. in Bäuerle's
Redactionsgeschäfte zu, im December
1828 begab er sich nun nach Berlin,
wurde dort mit Saphir bekannt und
zunächst Mitarbeiter an dessen „Schnell,
post" und an der Zeitschrift „Der Cou-
rier". Aber schon im folgenden Jahre,
am 1. April, begründete O. in Berlin
ein eigenes Tagblatt, den humoristisch«
satyrischen „Eulensftiegel", mit deffen
beißendem Spotte, Witze und Satyre
sich O. manche Freunde, aber ungleich
mehr Gegner erwarb. Dabei befand er
sich in beständigem Kampfe mit der
Censur. Endlich dieses ewigen Haders
und der unaufhörlichen Censurstriche
überdrüßig, verließ er Berlin und begab
sich nach München, wo damals freier?
Censurverhaltniffe walteten. Dort im
Verlage beiCotta gab er das sarkastische
Wochenblatt: „Das schwarze Gespenst"
heraus, das aber schon nach wenigen
Monaten auf Befehl des Königs unter-
drückt wurde. Die Ursache dieser Maß«
regel war folgende, die damaligen Zeit»
Verhältnisse kennzeichnende Thatsache:
Oettinger und Saphir hatten den
Schauspieler Eßlair in einer Kritik
getadelt. Der König ließ zur Beruhi-
gung Eßla i r's ein Edict ergehen. DaS«
selbe ließ Oettinger mit nicht ganz
harmlosen Randglossen abdrucken. O.
wurde nun in Folge deffen des Majestäts«
Verbrechens angeklagt, und obwohl von
dem Kreisgerichte freigesprochen, doch
von dem Könige aus München und dem
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
O'Donnel-Perényi, Volume 21
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- O'Donnel-Perényi
- Volume
- 21
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1870
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 542
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon