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Perinet 23 Perinet
dem nicht sehr geläuterten Geschmacke
seines Publieums zusagte. Zur Vollen«
düng des Bildes dieses literarischen Va«
gabunden möge die Charakteristik Ca«
stelli's dienen, wie er fis in seinen
„Memoiren" gibt, wobei er einer Schrift
Perinet's gedenkt, welche in den Bü»
cherkatalogen vergebens zu suchen ist. In
den Gasthausgesellschaften jener Tage
waren Reim« und andere Spiele eine sehr
' beliebte Unterhaltung. Auch wurden
ganze komische Prozesse in solchen Kreisen
in Knittelversen geführt, welche sehr be«
lustigend waren. „Einer, der hierin neben
mir, so schreibt Castelli selbst, am
meisten leistete, war der Schauspieler und
Theaterdichter Joachim Per inet. der-
selbe, der die H afn er'schen Possen als
Singspiele bearbeitete und mehrere Ori«
ginalftücke schrieb. Er galt mit Recht
damals für einen der witzigsten Köpfe,
und sein satyrisches Werk auf das da«
malige Steuersystem, benannt: „Lilipuli»
tanische Steuerfasfionen", machte außer»
ordentliches Aufsehen, so daß auslan«
bische Zeitungen davon sagten, es strotze
so sehr von Witz. daß man versucht sei,
zu glauben, eS habe dieses Büchlein
nicht Ein Mensch, sondern Mehrere ge«
schrieben. Per inet war auch der schnell«
fingerigste Schriftsteller, den ich in mei»
nem Leben kennen gelernt habe. Sein
Leben war ein wahrer literarischer Tele«
graph und er schrieb Verse mit Dampf.
Schade um den talentvollen Mann, daß
er sich so ganz (ich bitte um Entschuldi-
gung, aber ich weiß keinen bezeichnende-
ren Ausdruck), so ganz verlumpte. Er
gerieth in Armuth. Seine literarischen
Arbeiten mögen ihm freilich nicht viel
eingetragen haben seinen drastischen
Kommentar für die Wahrheit dieser Be
merkung Castelli'S gibt Bäuerle in
seinem Roman: „Der Todtenkopf", in welchem er ein Gespräch Perinet's mit
Schikaneder mittheilt und ausdrück,
lich bemerkt, daß die ganze Scene wahr
ist) und als Schauspieler war er er«
bärmlich; aber so weit hatte eS doch
nicht kommen dürfen, wenn er hauszu-
halten verstanden hätte. Man kann sa»
gen, er war ein literarischer Bettler, und
als er starb, dürften die Autographen
seiner Hand leicht zu haben gewesen sein,
denn es werden wenige Menschen in
Wien gewesen sein. die nicht einen Brief
von ihm in Versen mit der Bitte um
ein paar Gulden gehabt haben". I n der
That gelangen ihm manche seiner Verse
gar nicht übel; in seinen Liedern verstand
er es gut, den rechten Ton anzuschlagen;
ste wurden zu seiner Zeit allgemein ge«
sungen, und einige leben noch heute als
mehr oder minder beliebte Texte im
Volksmunde, so z. B.: „Was ist des
Lebens höchste Lust? Die Liebe und der
Wein"; dann auS der „Zauberzither"
das Lied: „Der Lenz belebet die Natur,
die Schöpfung wird unS neu"; „Die
Mädchen, die Lieb' und der Wein, begei»
stern den Menschen allein"; aus den
„Schwestern von Prag": „Ich bin der
Schneider Kakadu (Wetz, wetz. wetz)";
„Wenn blühende Dirnen in's Auge mir
sehen, so ist es geschwind um ihr Herz«
chen geschehen"; aus dem „Neusonntags«
kind": .Wer niemals einen Rausch ge«
habt", alle componirt von Wenzel Mül«
ler. In seinem häuslichen seben war
P. nichts weniger als musterhaft, seine
erste Frau sfiehe weiter unten) starb aus
Gram und Elend über das Unglück ihrer
Ehe. Seine zweite Frau, seit 1803. war
Victoria Wammin. Schauspielerin des
Leopoldftadter Theaters, welche ihn über»
lebte. — Seine erste Frau, Anna (geb.
zu Wien im Jahre 1769) war die Toch-
ter eines Bedienten, Namens Gansch,
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Pergen-Podhradszky, Volume 22
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Pergen-Podhradszky
- Volume
- 22
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1870
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 534
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon