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Pokorny
selber aus seiner eigenen Tasche. Er hat
rastlos für die öffentlichen Anstalten
WienS die ersten Blüthen seiner Dichter
und Künstler gepflückt. Bedeutende Sum>
men find von ihm in das Blindeninstut,
in welchem er auch einen Stiftungsplatz
gründete, in das Kinderspital zu St.
Joseph, den barmherzigen Schwestern,
den Elisabethinerinen, den Kleinkinder,
bemahranstallen, der Versorgungs» und
B-schäftigungsanstalt, der Erbauung des
Bürgeiversorgungshauses und ähnlichen
Anstalten gespendet worden. Nicht kleine
Summen, Tausende flössen den Armen zu.
Aber nicht nur öffentliche Anstalten, auch
die Armen der Bezirke und Vororte Wiens
haben durch seine Güte die einträglichsten
Beitrage von seinem Theater und seinen
Mitteln bezogen. Auch bis zu den Hun»
gernden im Erzgebirge drang sein Wohl-
thätigkeitseifer und die Kirche von Rei>
chenau dankt ihm die Grundsteine von
mehreren Tausend Gulden. Ebenso
wirkte er für Baden, Preßburg und
Oedenburg auf das beste und die Armen«
nnstalten Preßburgs allein erhielten durch
ihn einen Beitrag von etwa 18.000 Gul»
den. Ebenso wenig vergaß er der Ver»
unglückten in der Lombardei, der Ueber»
schwemmten in Böhmen und Ungarn,
der Abgebrannten in Steyer, Purkers«
dorf, Simmering u. s. w. Dieser opfer»
willige Wohlthätigkeitssinn, der stetö,
wo sich ihm Anlaß darbot und rasch half,
sichert ihni auch eine bleibende Er!nne<
rung. Was sein Wirken als Theater,
director anbelangt, so spricht sich sein
Zeitgenosse Hermann Meynert dahin
aus, daß P.'s unruhiger Geist von an»
sehnlichen Erfolgen unbefriedigt, stets
nach anderen glänzenderen Zielen haschte
und dadurch die gedeihliche Entwickelung
deS Ganzen störte. Und doch hatte er
dieß oft gar nicht nöthig, wie z. B. im 4 Pokorny
Iosephstädter Theater, dessen Publicum
äußerst conservativ war und wo sich
zwischen dem Auditorium und der Di>
rection so gemüthliche Beziehungen her»
ausgebildet hatten, wie sie anderwärts
kaum je vorkamen. Der Besuch des
Theaters war gleichsam ein Besuch bei
Pokorny , den man seines guten Her»
zens wegen liebte. Dabei kam eine ge>,
wisse Opposition, die ein Theil des Pu»
blicums gegen den persönlich weniger
beliebten Car l zu bethätigen sich bewo»
gen fand, Pokorny zu Gute. Wenn
er als Director des Iosephstädter Thea>
ters die Posse durch längere Zeit nach
einem schon etwas veralteten Zuschnitte
fortbestehen ließ, so mochte dieß wohl
darin seinen Grund haben, weil die
komischen Figuren in derselben hin und
wieder starke Familienähnlichkeit mit dem
einstigen.Thaddädl" hatten. Die Bear»
beitungen fremder Balletstosse aber, welche
zu Ausstattungsstücken parodirt wurden,
eröffneten ihm, da sie als solche große
und nachhaltige Anziehungskraft aus»
übten, eine bei weitem ergiebigere E!n>
nahmsquelle. Freilich war mit solchen
halb aus Wolken und halb aus ziemlich
groben Material gewebten Stoffen keine
Epoche zu begründen. Jedenfalls aber
gebührt ihm der ehrenvolle Nachruf,
„daß die Bühne durch ihn meisten ge>
wann, als er durch sie am meisten uer«
lor". — Nach seinem Tode führte sein
Sohn Aluis P. (geb. zu Preßburg am
18. October 4823) die Leitung deS
Theaters an der Wien, aber mit wenig
Glück fort. Am 18. September 1862
nahm Director S t rampferdaö Thea»
ter in-Pacht, den et als dabei reich ge»
wordener Mann im Jahre 1868 aufgab,
worauf Fräulein Geistinger mit Herrn
Ste iner die Direction übernahm. —
Eine Tochter Pokorny'S, die sich An>
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Podlaha-Prokesch, Volume 23
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Podlaha-Prokesch
- Volume
- 23
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1872
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon