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^ v Pollak ^ ^
der schon von jeher besonderes Interesse
für den Orient hatte, bewarb sich um
einen solchen Posten und wurde ange>
nommen. Nach einer langen und ermü»
denden Reise langte er am 24. November
1881 in Teheran an. Seine Gesundheit
hatte gelitten, aber auch die Militäcschule
bedürfte ein halbes Jahr zu ihrgr voll-
ständigen Organisation und diese Zeit
benutzte er, um die Landessprache zu er»
leinen. Er stieß in seinem neuen Wir»
kungskreise auf viele Schwierigkeiten.
Zunächst mußte er sich mit der persischen
Sprache möglichst vertraut machen, außer»
dem aber war Medicin in Peisien nie
vorgetragen worden, es fehlte daher in
dieser Sprache durchwegs an jeder Ter>
minologie, denn die Kenntniß der lateini»
schen und griechischen Sprache war gar
nicht vorhanden. Zudem fehlte es an
Lehrmitteln und an dem für Anatomen
so wichtigen, den Leichen, denn der Islam
verbietet das Seciren. Er begann in
französischer Sprache seine Voiträge zu
halten, da diese Sprache doch einiger»
maßen den Hörern bekannt war und
bediente sich eines Dolmetschen, doch
schon im nächsten Jahre war er im
Stande, persisch vorzutragen. DaS nächste
war nun, Lehrmittel zu schaffen, und
nach zwei Jahren hatte er bereits ein
Handbuch der Anatomie vollendet, welches
durch Lithographie vervielfältigt wurde.
Um nun eine Terminologie festzustellen,
schrieb er in persischer, arabischer und latci»
nischer Sprache ein medicinisches Wörter«
buch und in persischer Sprache ein Lehrbuch
der Physiologie. Um nun aber auch dem
in der Heilkunde so nöthigen praktischen
Theile eine Grundlage zu geben, stellte
ei an die Regierung den Antrag, eine
chirurgische Klinik in's Leben zu rufen.
Der Vorschlag wurde angenommen und
die Klinik mit zwanzig Betten, dann eine H. Pollak
Abtheilung mit vierzig Betten ernchtet
und nun sehte er zur Ausbildung seiner
Schüler eine öffentliche Ordination für
chirurgische Ambulanten ein. Inzwischen
befestigte sich auch sein Ruf als geschickter
Arzt immer mehr, doch verfiel er 1888
in Folge der ungeheueren Anstrengungen
in eine typhöse Krankheit und mußte zu
seiner Wiederherstellung die warmen Quel»
len von ASk besuchen. Während dieser
Reise und seinen alljährigen FerialauS'
flügen, war er nun bestrebt, sich mit den
Ländern des Reiches vertraut zu machen,
dem er seine Dienste gewidmet hatte. Er
besuchte die vulkanische Demaumdkette,
Hamadan, Massenderan, Laridschan und
den Süden des kaspischen Meeres, Ge»
genden, die noch kein Deutscher in wissen«
schaftlicher Beziehung besucht hatte. Nr
bereicherte hiebei sein Wissen bedeutend
in den Gebieten der medicinischeu Geo»
graphie, der Flora und Geologie und
ebensosehr beobachtete er die Nuiuen
alter Denkmäler, .die Uebcrresto uergan»
gener Culturperioden uud die socin»
len Zustände der Bewohner. So hatte
er nach drei Jahren alle Schwierigkeiten
überwunden und machte den fernen Osten
mit der hohen Wissenschaft deS WestmS
vertraut. Er erfreute sich stets der voll»
kommenen Gunst des persischen Regen»
ten, Nashreddin-Schah, der ihm
nach dem Erscheinen seines anatomischen
Lehrbuches den Sonnen>Ordm und den
Rang eines Obersten zweiter Classe vcr«
lieh. Seit November 18!5!i war er auch
der Leibarzt deö Schah's. Ungeachtet sei»
ner uorthcilhaften Stellung sehnte er sich
doch nach seinem Vaterlande zurück, vec>
ließ 1860 Persien und kam nach Wien.
wo er dem allgemeinen Krankenhause
seine Thätigkeit widmete. Seine Werke
sind: „HnMnch der Anatomie des menzchlichw
(Teheran 1884, lithogiaphirt);
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Podlaha-Prokesch, Volume 23
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Podlaha-Prokesch
- Volume
- 23
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1872
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon