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bekommen konnte, mit allem Eifer las.
Nach beendeten Lehrjahren trat P., wie
eö damals bei Handwerkern üblich, seine
Wanderschaft an. Anfangs führte P. auf
seiner Reise ein Tagebuch, gab aber diese
Gewohnheit, die bald für ihn verhäng»
nißvoll geworden-wäre, auf. ES war im
Jahre 1792, als er bald unter Oester-
reichern, bald unter Franzosen in den
Niederlanden marschirte, eines Tages
wurde er untersucht, und nur die Geistes-
gegenwart, das ähnliche Felleisen eines
Kameraden zum zweiten Male zum
Visitiren zu geben, rettete ihn vor
einsten Unannehmlichkeiten, da er in
seinem Tagebuche nebst anderen Merk»
Würdigkeiten, auch die festen Städte und
die Nrt ihrer Befestigung, welche
er gesehen, beschrieben hatte. Nn jedem
Orte, wo er in Arbeit stand, lieh
er sich Bücher aus und versuchte
sich bereits in Liedern, hatte aber
Niemanden, der ihn auf Fehler auf-
merksam gemacht hätte. Die einzige
Zehrschule, die P. während dieser Zeit
hatte, war das Thealer, in welchem ihm
aber, da er durch seine Lectüre an das
Ernsthafte zu sehr gewöhnt war, beson-
derS der.Harlequin" mißsiel. Während
dieser Zeit hatte seine Mutter ihren frü-
heren Aufentsaltsort verlassen, sich in
Schönbüchel einen Grund gekauft, ein
HcmS darauf gebaut und schrieb ihm
jetzt, er möge nach Hause kommen. Nur
ungern verließ er den Markt Aspang an
der steierisch.ungarischen
Grenze, wohin er
aufseinen Wanderungen gerathen war und
wo es ihm sehr behagt hatte. Zu Hause
ging es ihm in der That nicht gut und P.
hatte durch die immerwährenden Krank»
heilen seiner Mutter stets mit Noth und
Elend zu kämpfen, in welcher Lage er
sich nur durch die Lectüre mancher
rührenden Geschichte, die ihm Muth einflößte, oder ihn Geduld lehrte,
aufrecht erhielt. Im Jahre 1797
dichtete er auf die den Aufgebots»
männem vertheilten Denkmünzen ein
Danklied, welches daö erste war, das von
ihm veröffentlicht wurde und vielen
Beifall erhielt. 1806 schrieb er zu der
Iubelmeffe eines Serviten»Priesters cin
Festgedicht, welches bei der Festtafel
vorgelesen, gleichfalls allgemein gefiel.
Durch den errungenen Beifall aufgemun»
tert, schrieb er nun gar ein Schauspiel:
„Gute Fürsten stnd daö Glück der
Völker", welches aber seiner dürftigen
Verhältnisse wegen ungedruckt blieb.
Durch dergleichen Versuche wurde er mit
den Geistliche» des Stiftes Molk be»
kannt, die ihm nun mit Rath und That
an die Hand gingen und ihm Bücher
liehen, aus welchen er in Hinsicht des
Geschmackes und der Ausdrucksweise viel
leinen konnte. Da brachte ihm ein
Freund daS Buch „Vermischte Gedanken
von dem Grafen von Ochsenstiern" und
zeigte ihm eine darin enthaltene Scene
aus der griechischen Geschichte, die P.
dramatisch bearbeiten sollte. P., ohne
auch nur das Nöthigste von der Sprache,
den Gebräuchen und der Lebensart der
Griechen zu kennen, glaubte genug zu
wissen, wenn er sich über einige ihrer Ge»
setze und über die Art ihres Gerichts«
Wesens unterrichte, und schrieb daS Stück
als eine Begebenheit seiner Heimat und
seiner Zeit. Obwohl ihm seine Freunde
aus dem Stifte Mölk die Unmöglichkeit
eines derartigen Unternehmens klar zu
machen suchten, so war P. doch nicht von
seinem Vorhaben abzubringen und ließ
das Stück sogar drucken. Ein Recensent
geißelte eS nun mit unerbittlichem Spotte,
welcbe Kritik so traurig wie gerecht für das
Stück, für den dürftigen Autor doch die
Folge hatte, daß P. alle seine Exemplare
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Podlaha-Prokesch, Volume 23
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Podlaha-Prokesch
- Volume
- 23
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1872
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon