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Puchmayer Puchmayer
BudweiS. Er fand sich damals bereits
besser mit der lateinischen Sprache
zurecht als mit der deutschen, die er nur
wenig oder gar nicht verstand. Zu glei»
cher Zeit verlegte er sich auf das Erlernen
der französischen Sprache. Nach beendeten
Gymnasialschulen begab er sich nach
Prag, um dort die philosophischen Stu-
dien zu machen. Er hörte dieselben unter
den tüchtigen Männern, welche an der
Prager philosophischen Facultät lehrten,
wie Cornowa, Meißner, Seibt
und Wydra. Da er überdies) sich mit
dem Gedanken trug, fich dem Iehramte
oder Bibliotheksdienste zu widmen, so
betrieb er mit besonderem Gifer das
Studium fremder Sprachen und Litera»
turen, und erwarb sich ganz tüchtige
Kenntnisse in der französischen, englischen,
italienischen und spanischen Sprache und
in ihren Werken. Gr übersetzte in jener
Zeit den spanischen Roman: „I^üHlN'No
üo lormos" in's Deutsche, vernichtete
aber ober verbarg daS Manufcnpt, da
er keinen Verleger dafür gefunden. So
geschah es denn, daß P. genauer in
fremden Literaturen als in jener seines
eigenen Vaterlandes Bescheid wußte. Da
führte ihn ein Zufall mit seinem Allerö»
genossen H n s v k o v s k y s^Nd. IX,
S. 67^ zusammen, der aber bereits
damalb eifrig öechische Bücher laS und
nun in P. das gleiche Verlangen weckte
und nährte. Durch H n s v k o v S k y
kam er mit noch anderen gleichgefinnten
Jünglingen zusammen, und mit demselben
Eifer, mit dem er früher fremde Spra»
chen getrieben, lag er nun der «ethischen
ob und machte sich mit ihrer Literatur be»
kannt. Nachdem er einige öechische Gedichte
gelesen, versuchte er es selbst, in seiner
Muttersprache zu dichten, machte sich aus
den Werken uon Wenzel Rosa mit der
oechischen Prosodie bekannt und stellte alsbald eine kleine Sammlung öechischer
Poesien zusammen, die er vor dem Drucke
demdamaligenCensocFcanzFanstinPro»
ch a zka ss. d.Bd.XXIII,S.329^ zeigte, der
ihm aber nach genommener Ginsicht den
Rath gab,
sich vorher genauer mit den Re»
geln der öechifchen Grammatik vertraut
zu machen und dann — erst Gedichte zu
schreiben. P. ließ sich das nicht umsonst
gesagt sein und machte sofort tüchtige
grammatikalische Studien in seiner Mut.
terfprache und bearbeitete, nachdem er
noch früher mit Dobrowsky bekannt
geworden und auch dessen Prosodie stu»
dirt hatte, seine Gedichte nach diesen
Principien und gab sie im 1.1797 unter
dem Titel: „Lsbräni dä,8ni a, AßLvü," s^die
bibliographischen TitelvonPuch m ay e r's
Schriften folgen auf der nächsten Seite
untei^ heraus. Diese erste Sammlung,
da sie später ein Raub der Flammen
wurde, ist jetzt eine bibliographische Sel>
tenheit. Diese Sammlung, herausgegeben
zu einerZeit, da die öechische Sprache und
Poesie sozusagen noch in den Windeln
lagen, erlangte später eine literarifche Be»
deutung, da sie gleichsam der erste Keim
der nationalen Dichtung der Neuzeit in
Böhmen wurde. P. selbst blieb, so sehr er
mit anderen Literaturen vertraut war,
der Pftege seiner Muttersprache treu und
machte nunmehr eindringliche Studien
in den ihr verwandten Idiomen, inFolge
welcher seine russische Rechtschreibung
und sein Lehrgebäude der russischen
Sprache erschienen, letzteres Werk mit
einer Vorrede von Dobcowsky ein»
geleitet und von solcher Tüchtigkeit in
der Ausführung zeigend, daß die kais. rus-
sische Akademie der Wissenschaften das
Werk einer besonderen Würdigung unter»
zog. Was ferner die äußere Lebensstel.
lung P.'S betrifft, so wendete sich P. mit
einem Male, sein früheres Vorhaben,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Prokop-Raschdorf, Volume 24
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Prokop-Raschdorf
- Volume
- 24
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1872
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 450
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon